Viel Bautätigkeit, viel Grün, viel Wasser, viel Verkehr: Die vier Elemente des Lebens im 22. Wiener Gemeindebezirk.

Fotos: Putschögl

Eine neue Wohnung im 22. Bezirk gefällig? Nichts leichter als das: Noch nie wurde in der Donaustadt so viel gebaut wie derzeit. Neben Tausenden geförderten Wohneinheiten entstehen auch zahlreiche Wohnungen im freifinanzierten Segment, sowohl zur Miete als auch im Eigentum.

Gebaut wird tatsächlich in allen nur erdenklichen Gegenden. In der Seestadt Aspern, einem der Wiener Vorzeige-Entwicklungsgebiete, ist das Seeparkquartier weit gediehen, die nächste Bauetappe "Am Seebogen" wird demnächst in Angriff genommen. Auch die Flächenwidmung für den letzten Abschnitt liegt seit kurzem vor.

Viele Entwicklungsgebiete

Steigt man in der Seestadt in die U2 ein, kann man an allen weiteren U2-Stationen stadteinwärts größere Entwicklungen ausmachen. Beispielsweise das Entwicklungsgebiet Hausfeld zwischen den Stationen Hausfeldstraße und Aspernstraße (mit der noch nicht ausgebauten Station "An den Alten Schanzen" dazwischen) oder ein sehr großes gefördertes Wohnprojekt dreier Bauträger neben dem Donauspital.

An der Breitenleer Straße sind ebenso riesige Entwicklungen in Bau oder Planung wie beim Badeteich Hirschstetten oder südlich des Opel-Werks in Aspern. Die Kehrseite der Medaille: Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs im größten Wiener Flächenbezirk hält damit nicht Schritt. Das beklagt nicht nur die Donaustädter Grünen-Klubobfrau Heidi Sequenz, sondern etwa auch der Immobilienmakler Thomas Kubicek und auch SP-Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy. Er sagt, dass manche Entwicklung "nicht ideal" sei, manche hätte er selbst so auch nicht genehmigt.

Sehr viele bestehende Widmungen

Allerdings muss der Bezirk eben nicht zu allem seinen Segen geben. Im Gegenteil: Von manchen Bauvorhaben erfährt die Bezirkspolitik erst beim Baubeginn. "Wenn ein Grundstück schon gewidmet ist, bekommt das oft nicht einmal der Bezirksvorsteher mit, wenn mit dem Bau begonnen wird", sagt Sequenz. Und es gab und gibt viele bestehende Widmungen, räumt auch Nevrivy ein.

Die Folge des Baubooms der vergangenen Jahre: Die Verkehrsbelastung ist massiv gestiegen. "Es wird immer schlimmer", klagt Makler Kubicek. Er hat sein Büro am Kagraner Platz, kommt aber natürlich im gesamten Bezirk herum. Schon lange würde der Bezirk bzw. ganz Transdanubien "eine Querlinie vertragen", also etwa eine leistungsfähige Öffi-Verbindung von Essling bis Kagran und weiter bis Floridsdorf. Der Bus 26A, der von Kagran bis nach Groß-Enzersdorf fährt, ist oft überfüllt.

Früher gab es auf dieser Strecke eine Straßenbahnlinie, nämlich die Nummer 317; eine solche würde sich auch Sequenz heute wieder wünschen.

Umstiegs-Angebote nötig

Und nicht nur dort: Im Projektgebiet Berresgasse, wo 3000 Wohnungen geplant sind, wird es nach derzeitigem Stand nur Busverbindungen geben. Nevrivy kämpft für die neue Straßenbahnlinie 27, die durch das Neubaugebiet und dann weiter auf der 26er-Linie fahren soll. Ob sie kommt, ist völlig offen.

"Die Berresgasse braucht unbedingt mehr Öffis", das ist auch Sequenz klar. Gäbe es mehr Angebot, würden viele Leute vom Auto umsteigen, ist sie sicher.

Ein Parkpickerl im Bezirk wird von Nevrivy abgelehnt. Von einer bezirksweiten Einführung hält auch Sequenz nicht viel; "wenn es dann plötzlich wieder überall Parkplätze gibt, fahren wieder mehr Menschen mit dem Auto", fürchtet sie. "Der Parkplatz ist die Währung der Donaustadt", fügt sie lakonisch hinzu. Aus ihrer Sicht würde ein Pickerl "in vier, fünf Zonen" – beispielsweise Kaisermühlen – ausreichend sein.

"Bauboom wird weitergehen"

Und wie geht es mit dem Bauboom in der Donaustadt weiter? Nun, der wird ganz bestimmt noch eine Weile anhalten, denkt Makler Kubicek – auch im freifinanzierten Bereich, wo die Nachfrage am Vorsorgewohnungsmarkt derzeit aber ein wenig nachlässt. Aktuell wird sehr viel gebaut, unter anderem auch bei der S-Bahn-Station Erzherzog-Karl-Straße, wo sich zum derzeit größten Wiener Vorsorgeprojekt demnächst noch ein weiteres gesellen wird. "Seit geraumer Zeit merken wir ein Abflachen des Miet-Markts, da ist dann in weiterer Folge auch ein Abflachen des Eigentumssegments zu erwarten", sagt Kubicek zum STANDARD.

Es werde aber derzeit so viel gebaut, dass es bereits unmöglich geworden sei, für kleinere Projekte unter 2000 m² eine Baufirma zu finden. Selbst bis 4000 m² sei die Bereitschaft von Baufirmen, Angebote zu legen, verhalten. Dadurch sei es nun mitunter sogar nötig, kleinere Projekte zu verschieben – oder eben zu vergrößern. (Martin Putschögl, 10.5.2019)