Wer sich an den fiesen Feixern, die derzeit aus Anlass der EU-Wahl von Plakatwänden aus freiheitlichen Glanz ausstrahlen, sattgesehen hat, konnte dieselbe Besetzung in einem Folder aus derselben Quelle unter dem irreführenden Namen "Wir Wiener – Das Bürgermagazin" gleich wieder genießen. Darin trat Strache nicht als Attrappe eines EU-Kandidaten zur Abfederung des Vilimsky-Schocks auf, sondern als Retter des sozialen Wiener Wohnbaus vor der eingetauschten Bevölkerung. Vizekanzler, Sportminister, Retter der Heimat vor der EU, irgendwie vielleicht doch einmal auch Wiener Bürgermeister – dieses Talent, mit einem autochthonen Gesäß auf so vielen Kirtagen zu tanzen, hat nicht jeder. Dabei ist seine Rolle als Parteichef und Widerling in den Augen des Bundeskanzlers noch gar nicht mitgedacht.

Letztere Einschätzung darf man nicht als Kritik missverstehen, sonst müsste sie ja Folgen haben, statt nach leichtem Gekräusel stets wieder in einem Meer der koalitionären Harmonie zu versinken. Im Gegenteil. Die blutleeren Distanzierungen von rechtsextremen Wort- und Tatspenden reichen Kurz noch immer aus, sich als Retter vor dem selbstverursachten Übel zu verkaufen, wenn auch nicht mehr allen in der eigenen Partei. Dass irgendwann ein Satiriker kommen musste, der die an sich ehrbare Tätigkeit eines Versicherungsvertreters in jener des Bundeskanzlers wiederzuerkennen glaubt, war zu erwarten. Es ist aber fraglich, ob Sebastian Kurz es in diesem Beruf weit gebracht hätte, gelingt es ihm doch nicht einmal, seinen freiheitlichen Koalitionspartner als zumutbares Risiko zu verkaufen. "Krone und Österreich" ausgenommen.

Völkische Austauschzentrale

Die Profilierung der FPÖ als völkische Austauschzentrale, in der bestimmt wird, wer die von ihr definierte "Heimat" betreten und wer in einem Wiener Gemeindebau wohnen darf, findet statt vor dem Hintergrund eines kaum verhüllten Rassismus in demografischer Verkleidung. Beim Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkrieges, dessen Ausgang von vielen in der FPÖ als Katastrophe empfunden wird, erklärte Strache, er wolle Antisemitismus "im Keim" ersticken – dabei topft er den Keim nur um in ein anderes Gefäß.

Und das mit großem Trara. Dass sich der FP-Chef nach einigem Zögern dazu entschlossen hat, den Begriff "Bevölkerungsaustausch" zur blauen Leitidee der nächsten Wahlkämpfe zu erklären, soll einerseits der Sicherung seiner innerparteilichen Position dienen und andererseits das Fehlen sonstiger Ideen vertuschen. Wäre sein antifaschistisches Bekenntnis vom 8. September einigermaßen seriös, dann müsste die Spannung auf den Historikerbericht der Partei nicht bis nach den nächsten Wahlen oder gar bis ins Unendliche wachsen.

So lange wollte Vilimsky nicht warten. Er beauftragte bewährte Kräfte auf Regimentsunkosten mit einer hochwissenschaftlichen Studie, in der Rechtsextremismus als die wahre Erscheinung des Patriotismus enthüllt und das Extreme als das Wesen der neuen Mitte erkannt wurde. Der schier unstillbare Wissensdurst des blauen Generalsekretärs die existenziellen Fragen seiner Partei betreffend kann nicht hoch genug gepriesen werden. (Günter Traxler, 9.5.2019)