Es geht aufwärts am BER. Wer eines Tages zum derzeit berühmtesten Geisterflughafen der Welt per Bahn anreist, der muss vom Tiefbahnhof erst einmal nach oben in den Terminal. Natürlich würde man sich gern bequem nach oben befördern lassen, doch Flughafen-Chef Engelbert Lütke Daldrup ersucht beim Baustellenbesuch, die Treppen zu nehmen: "Die Rolltreppen funktionieren, aber sind nicht in Betrieb. So sparen wir Energie."

Das hört der Steuerzahler gerne, denn die Kosten für den ewigen "Fluchhafen", wie er in Berlin heißt, sind ohnehin exorbitant. Zwei Milliarden Euro hätten es sein sollen, jetzt werden es sechs bis sieben Milliarden Euro.

Und um gleich noch die anderen Eckdaten der Katastrophe in Erinnerung zu rufen: Die Eröffnung war dereinst für den Oktober 2011 geplant, wurde dann mehrmals verschoben, aktuell steht in Lütke Daldrups Kalender ganz fett der Oktober 2020. "Da haben wir einen klaren Plan", sagt er.

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So sah es 2013 aus, da sollte die Eröffnung eigentlich schon lange vonstatten gegangen sein.
Foto: AP Photo/Markus Schreiber

Oberflächlich betrachtet könnte es bald losgehen. Alles ist da: Hinweisschilder, Stühle im Wartebereich, Check-in-Counter. Im Untergeschoß funkelt die Transportanlage für die Gepäckstücke so neu und blank, als könne sie es gar nicht mehr erwarten, endlich loslegen zu dürfen.

Aber es ist noch längst nicht so weit, vielmehr legt ein interner Prüfbericht des TÜV nahe, dass sich der ohnehin völlig verspätete Startschuss erneut verzögern dürfte. 11.519 Mängel soll es bei den Kabeln für die Sicherheitsbeleuchtung und Sicherheitsstromversorgung noch geben. Das berichtet der Berliner Tagesspiegel.

Ob diese Zahl stimme, möchte man gerne von Lütke Daldrup wissen. "Es gab mal mehr als 200.000 Mängel", gibt er zu Antwort und eilt weiter durch die menschenleeren Gänge, um die Vorzüge des Flughafens zu preisen. Alles ist sehr hell und großzügig gestaltet, es geht immer nur in eine Richtung. Ankommen am Bahnhof, rauf zum Check-in, dann zu Sicherheitskontrolle und Fressmeile, schließlich ab zum Flieger.

Mittlerweile könnte es – oberflächlich betrachtet – bald losgehen. Alles da, was man sich so erwartet.
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Anders als im Flughafen Tegel wird der Strom der Passagiere im BER einfach durchgeschleust, keiner muss kreuz und quer laufen.

Doch die Berliner Politik mag – aufgeschreckt vom TÜV-Bericht – nicht glauben, dass der Termin im Oktober 2020 tatsächlich halten wird. In seltener Einigkeit haben im Parlament die rot-rot-grünen Koalitionsparteien und die Opposition aus FDP und CDU beschlossen, Lütke Daldrup genauer auf die Finger zu schauen.

Einen Untersuchungsausschuss zum BER gibt es schon, aber dieser prüft nur die Sanierungsarbeiten und das Krisenmanagement bis zum Sommer 2018. In Kürze wird sein Auftrag ausgeweitet, die Abgeordneten werden dann einen Katalog mit 60 Fragen zu den aktuellen Vorgängen an Lütke Daldrup schicken.

Vor allem die FDP hat den Eindruck, dass der BER-Chef etwas verschleiert. "Flughafen-Chef Lütke Daldrup hat sich als notorischer Lügner erwiesen, von dem die Steuerzahler keine Wahrheit über den BER erwarten können", schimpft der FDP-Fraktionsvorsitzende Sebastian Czaja.

Sogar die Kunst hängt schon in der Eingangshalle des Terminals.
Foto: imago/Hohlfeld

Doch der derart Gescholtene lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Er sei 2017 angetreten, "um die Geschichte dieser Baukatastrophe zu Ende zu bringen". Sein Plan dafür sieht so aus: Im Sommer 2019 werden alle Arbeiten abgeschlossen sein, der vermaledeite Terminal, an dem alles hängt, also fertig sein.

Dann beginnen die Prüfungen durch die Baubehörde Brandenburg, ab dem Frühjahr 2020 werden 10.000 Komparsen eingesetzt, um die Abläufe am Flughafen zu proben. Und im Oktober 2020 schließlich erfolgt der Umzug von Tegel in den BER.

Aber dass es diesmal klappt, das hat man schon öfter gehört. Warum soll man es jetzt glauben? "Ich verstehe die Skepsis sehr gut", sagt Lütke Daldrup. Doch er macht auch mit großem Selbstbewusstsein deutlich, dass er anders gearbeitet hat als seine drei Vorgänger: "Wir haben für eine solide baurechtliche Grundlage gesorgt und ein havariertes Projekt zu einem solide aufgestellten und abnahmefähigen Projekt gemacht."

Spätestens im Sommer wird sich zeigen, ob er recht hat. Wenn nicht, ist seine Karriere wohl zu Ende. Und die Verantwortlichen in Brandenburg, das am Airport ja beteiligt ist, müssten sich die Frage stellen: Wie bringen wir das den Bürgern vor der Landtagswahl am 1. September bei? (bau, 10.5.2019)