Gery Keszler bei einem seiner bewegendsten Auftritte: 2015 gab er auf der Life Ball-Bühne bekannt, dass er HIV-positiv ist.

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Zu einer Institution wie dem Life Ball kann man nicht einfach zum Abschied leise Servus sagen. Also machte es Gery Keszler am Freitagvormittag, als die Gerüchteküche ohnehin bereits dick verqualmt war, auf allen Kanälen offiziell: Der heurige Life Ball am 8. Juni im Wiener Rathaus wird der letzte sein. "Es waren unglaubliche, fantastische und intensive Jahre. Wir haben mehr bewegt, als wir je zu hoffen gewagt hätten. Ich bin so unendlich dankbar. Es ist nun Zeit, dieses Projekt zu einem guten Abschluss zu bringen", teilte der Gründer und Organisator des Aids Hilfe-Charity-Events mit.

Warum nach dem 26. Life Ball Schluss sein soll? Das schrille Event lasse sich nach dem Rückzug der Hauptsponsoren nicht mehr finanzieren. Es sei immer schwieriger geworden, Finanziers und Spender für das mittlerweile mehrtägige Event zu gewinnen. "Das Bewusstsein ist heute einfach ein anderes. Dem tragen wir nun auch Rechnung", so Keszler resignierend.

Helmut Zilk spendierte das Rathaus

Der erste Life Ball ging am 29. Mai 1993 über die Bühne. Der damalige Wiener Bürgermeister Helmut Zilk spendierte das Rathaus als Ballsaal. "Am Anfang war der Life Ball wirklich ein schwuler Aufschrei", sagte Alfons Haider einmal.

Unmittelbar danach kam ein schwerer Schlag für Keszler: Sein Freund und Mitbegründer des Life Balls, der Arzt Torgom Petrosian, starb an Aids. Ihm versprach Keszler am Totenbett weiterzumachen, gegen die Stigmatisierung von HIV-infizierten Menschen zu kämpfen und die Finanzierung von Hilfsprojekten voranzutreiben.

Mit der fünften Ausgabe am 10. Mai 1997 mauserte sich der Life Ball zum Megaevent. Die "Queen of Punk", Vivienne Westwood, kam erneut nach Wien, um die Modeshow auszurichten. Als Mitternachtseinlage sang Falco im Rathaus, einer der letzten Auftritte vor seinem Unfalltod im Februar 1998.

Glamour und menscheln

Die Liste der internationalen Life-Ball-Stars ist lange. Doch in Österreich schlugen Keszler auch Beschimpfungen wie "Berufsschwuchtel" (Zur Zeit) entgegen. Und obwohl Gery Keszler den Prozess dagegen erst in zweiter Instanz gewann, verlor er nie die Contenance. Nerven zeigte er, wenn er vor laufenden Kameras in Erinnerung an verstorbene Wegbegleiter in Tränen ausbrach oder als er sich 2015 auf offener Life-Ball-Bühne als HIV-positiv outete. Das Event verlor sich geradezu in Glamour, doch Gery Keszler ließ es immer auch menscheln.

Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) und Wiens Tourismusdirektor Norbert Kettner gehörten am Freitag zu den Ersten, die sich bei Keszler für dessen Kampf gegen Aids bedankten. Auch für den Tourismus sei die "leuchtstarke Veranstaltung" wichtig gewesen. Allein in Wien lag die Wertschöpfung der Veranstaltung bei rund fünf Millionen Euro jährlich.

30 Millionen Euro in 26 Jahren

Der Verein Life+, der den Ball ausrichtete, soll weiterbestehen. In der Bilanz des Life Balls stehen nach 26 Jahren knapp 30 Millionen Euro an Spenden für Aids -Hilfsprojekte. Die Aidshilfe Wien bedauert das Aus des Life Balls, man rechnet nun mit einem Spendenminus von jährlich 200.000 Euro. Auch Klienten der steirischen Aidshilfe sind vom Ausfall von Spenden via Life Ball betroffen. Man habe damit bisher vor allem Therapien für mittellose Patienten finanziert. (simo, 10.5.2019)