Wenn Headcoach Roger Bader hinter oder vor der Bande steht, hat er die Aufmerksamkeit einer ganz anderen Bande, des Eishockeyteams.

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Daran können sich auch nicht mehr alle erinnern, dass Österreichs Eishockey in der A-Gruppe einmal eine fixe Größe war. 1997 hatte das Team mit einem mühsam erkämpften vierten Platz bei der B-WM in Polen den Aufstieg geschafft, damals wurde die Elitegruppe aufgestockt, und Österreich spielte bis 2005 im Konzert der Großen mit. Seither geht es hin und her, fast Paternoster-mäßig. Im Vorjahr hat Österreich in Dänemark zum ersten Mal seit 2004 ganz oben den Klassenerhalt geschafft.

So soll es bleiben. In Bratislava spielt Österreich gegen Lettland (Samstag, 16.15), Russland (Sonntag, 12.15), die Schweiz, Schweden, Norwegen, Tschechien und Italien. ORF Sport plus überträgt alle Partien live. Zumindest einen der sieben Gruppengegner muss Österreich hinter sich lassen, um 2020 das Turnier in der Schweiz zu schmücken.

Das wäre für den Teamchef dann ein Heimspiel. Der Schweizer Roger Bader ist seit 2014 für den Verband (ÖEHV) tätig, seit 2017 als Cheftrainer. Eine Erfolgsgeschichte – unter ihm ist das Team aufgestiegen und oben geblieben. Der 54-Jährige ist zugleich Motivator und akribischer Arbeiter, das eine schließt das andere nicht aus. "Wir wissen, wie wir spielen müssen, um eine erfolgreiche WM zu absolvieren", sagt er. "Es wird Spiele geben, die wir gewinnen können. Und es wird Spiele geben, in denen wir Lehrgeld bezahlen."

Lehrgeldzahlung wäre keine Sensation

Am Samstag wäre eine Lehrgeldzahlung keine Sensation, Lettland ist seit 1997 eine A-Nation, ganz ohne Unterbrechung, und ist mit der hoffnungsvollsten Truppe seit Jahren angereist. Die meisten Letten spielen in der russischen KHL, die der nordamerikanischen NHL um nicht sehr viel nachsteht. Allerdings hat Bader seine Cracks intensiv auf das erste Spiel vorbereitet. "Wir verfolgen die Letten seit Monaten", sagt er. "Eine Herkulesaufgabe. Aber mit einer sehr guten Leistung können wir sie schlagen."

Ergo bekam die Mannschaft eingetrichtert: "Ihr seid alle sehr gute Spieler. Aber keiner von euch ist ein Owetschkin. Unsere Stärke ist das Kollektiv." Mit Alexander Owetschkin kriegen es die Österreicher am Sonntag zu tun, er ist der russische Superstar und mit Eben-nicht-Titelverteidiger Washington Capitals in der NHL überraschend bereits gescheitert. Statt auf den nächsten Stanley-Cup geht Owetschkin auf seinen vierten WM-Titel los.

In der Vorbereitung war es Baders Ziel, vier starke Linien zu formen, er nennt sie "die vier Triebwerke". Ausgeglichenheit war das oberste Credo, die Aufgabenstellung an die je zwei Verteidiger und drei Stürmer ist klar. Bader: "Wenn wir die Scheibe haben, sollen alle fünf offensiv werden. Hat der Gegner die Scheibe, müssen alle fünf defensiv arbeiten." In der Vorbereitung haben sich die Österreicher ausschließlich mit anderen A-Nationen gemessen, dabei mehrmals eine gute Figur abgegeben, auch zum Abschluss gegen Kanada (5:7).

Das kanadische Gastspiel in Wien hat sich der ÖEHV einiges kosten lassen. Auch deshalb ist die WM-Gage der Österreicher überschaubar. Pro Spieler schauen nicht mehr als 3000 Euro heraus. Und natürlich die Ehre. (Fritz Neumann, 10.5.2019)