Der Muttertag zeigt deutlich die Diskrepanz zwischen Sein und Schein.

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Kein Festtag im Jahr zeigt die Diskrepanz zwischen Sein und Schein deutlicher als der Muttertag. Die Blumen, die Zeit mit der Familie, die besondere Aufmerksamkeit sind – das Wort ist bewusst gewählt – nett. Aber gerade die Wertschätzung ist es, die an weiteren 364 Tagen im Jahr solides Standardprogramm sein sollte.

Denn Mütter sind meist die stillen Heldinnen des Alltags. Außer wenn sie mit schreienden Kindern, unhandlichen Kinderwagen und vollen Einkaufstaschen auf dem Weg zwischen Arbeitsplatz, Kindergarten und Wohnung in die Straßenbahn einzusteigen versuchen. Dann erregen sie Aufmerksamkeit: Die hat die Kinder nicht im Griff! Passiert das einem Vater, erntet er schlechtestenfalls mitleidige Blicke, bestenfalls helfende Hände. Im Supermarkt gibt es ab und zu sogar einen Rucksack-Einpackservice für gestresste Väter. In Anlehnung an den Gender-Pay-Gap könnte man das Phänomen Gender-Hero-Gap nennen.

Es können gar nicht genug Väter in Karenz gehen und halbe-halbe machen. Macht weiter so! Es geht um die Wahrnehmung der Gesellschaft, die Klischees, die so tief sitzen. Auch Mütter könnten Standard-Heldinnen-Status vertragen, allen voran Alleinerzieherinnen: monetär – indem sie nicht weniger verdienen als Männer. Im Job – indem Vereinbarkeit keine Riesenillusion bleibt. In der Gesellschaft – indem Familienarbeit endlich als Arbeit anerkannt wird. Dann wäre Müttern wohl mehr zum Feiern zumute. (Marietta Adenberger, 12.5.2019)