Bittersüße Tanzstunden mit Andrea Eckert und Markus Meyer.


Foto: Reinhard Werner

Wien – In Palmenhemd und rosa Hose wirbelt der Tanzlehrer Michael in das Leben von Lily. Die in Person von Andrea Eckert reichlich jung wirkende Pensionistin hat sich den Trainer für sechs Stunden gebucht. Mit diesem überdrehten Kerl konnte sie aber nicht rechnen. Noch bevor ein Schritt getanzt ist, will die "alte Schachtel" den vorlauten Michael deshalb wieder aus der Wohnung werfen. Er bettelt um sein Leben. Sie hätten "mit dem falschen Fuß begonnen", einigen sie sich. Wie passend.

Besser werden die Schmähs des Abends nicht. Die Chemie der beiden allerdings schon. Mit jeder Tanzstunde offenbaren die Einsamen einander mehr von sich. Lily (Eckert) hat ihn (Markus Meyer) nicht gebucht, weil sie nicht tanzen kann, sondern weil ihr ein Partner dazu fehlt. Diese Flunkerei ist nur eine der Masken, die nach und nach fallen. Sich gegenseitig ankeifend, kommen sie einander näher. Eine seltsame Freundschaft wächst und formt ein bittersüßes Wohlfühlstück mit sentimentaler Note.

Die Lieblinge der Burg

Mit so leichter Kost geht die Intendanz von Karin Bergmann ins Finale. Prompt zum Ende von Dancing Stars choreografiert das Burgtheater im Kasino für Sechs Tanzstunden in sechs Wochen seine eigenen Publikumslieblinge. Richard Alfieris Stück von 2001 ist ziemlich konventionelles Material für diese sonst experimentellere Bühne.

Mit dreierlei Tricks versucht Regisseurin Martina Gredler das Beste daraus zu machen. Erstens mit einer schmissigen Liveband. Hinter der halbtransparenten Bühne (Sophie Lux) begeistern Lenny Dickson, Andreas Radovan, Emily Stewart sowie Alexander und Konstantin Wladigeroff mit flottem Swing, Cha Cha Cha und Rock ’n’ Roll. Ein gutes Drittel des Abends nimmt die Musik ein.

Sympathische Akteure

Zweitens greift Lejla Ganic tief in die Kostümkiste nach allerlei verführerischen Kleidern für Eckert und kuriosen Verkleidungen für Meyer. Dieser ist – der dritte Kniff des Abends – als schwuler Tanzlehrer eine Wonne. Dass Meyer tanzen kann, wusste man bereits. Als Lehrer verfolgt er einen ganzheitlichen Lehransatz, weswegen er beim Tango lispelt und beim Walzer die "gnä’ Frau" im Fantasiefrack zwischen Couch und Topfpflanze übers Parkett führt. Sobald er durch die Tür kommt, sind ihm die Lacher des Publikums sicher, doch die Liebe hat ihn zuletzt nur enttäuscht.

Diese eineinhalb Stunden sind dank der Akteure sympathisch. Ziemlich seicht und ganz und gar gefällig wirken sie im Kasino aber eigentlich fehl am Platz. (Michael Wurmitzer, 12.5.2019)