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Die Einschränkungen des Autoverkehrs in Madrid sind für die Luftqualität erfreulicher, als Stadtverwaltung und Umweltschützer erhofft hatten. Letztere fordern nun eine Ausweitung der Verkehrsreduktion.

Foto: AP/Paul White

Die Luftverschmutzung in Madrid hat deutlich abgenommen. Das zeigt eine Studie von Ecologistas en Acción. Die spanische Umweltschutzorganisation analysierte die Kontamination im vergangenen Monat. Es ist die erste Studie, die die Auswirkung eines neuen Verkehrskonzeptes in der spanischen Hauptstadt genauer untersucht. Seit Ende November ist die Innenstadt großräumig für einen erheblichen Teil des Autoverkehrs gesperrt. "Madrid Central" heißt der ehrgeizige Plan, der vielen Städten Europas ein Vorbild darin sein kann, wie die Grenzwerte für Stickoxide NO2 eingehalten werden können.

Im Herzen der Stadt

Im Herzen der Innenstadt ging die NO2-Belastung um 48 Prozent zurück. So verzeichnete die Messstation auf der Plaza del Carmen mit 22 Mikrogramm NO2 pro Kubikmeter Luft den niedrigsten Wert, der seit dem Jahr 2000 gemessen wurden. Der EU-Grenzwert für NO2 beträgt 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Auf der Plaza del Carmen wurde bisher immer eine der höchsten Luftverschmutzungen registriert. Jetzt ist die Luft dort so sauber wie kaum irgendwo anders im gesamten Stadtgebiet.

Auch außerhalb des Stadtzentrums ging die Kontamination zurück. "Es gibt keinen 'Effekt Grenze'", heißt es in der Studie von Ecologistas en Acción. Die Gegner des neuen Verkehrskonzeptes hatten nämlich zuvor genau davor gewarnt. Sie befürchteten – wie sich zeigt, unbegründet -, dass durch die Verkehrsbeschränkung in der Innenstadt außerhalb von Madrid Central die Verschmutzung zunehmen würde.

Fahrverbot für alle ohne Umweltplakette

Seit Ende November dürfen nur noch Anwohner, deren Besucher sowie Fahrzeuge mit Sondergenehmigungen, weil ihre Halter etwa im Zentrum arbeiten, unbeschränkt in die Innenstadt fahren. Anwohner dürfen – egal wie alt ihr Fahrzeug ist – auf der Straße parken. Alle anderen Fahrzeuge müssen ins Parkhaus. Absolutes Fahrverbot gilt für Fahrzeuge ohne Umweltplakette. Das sind Benziner, die vor 2000, und Diesel, die vor 2006 zugelassen wurden. Für Zulieferer sowie Taxen gibt es eine Übergangsfrist, in der sie ihren Fuhrpark modernisieren müssen. Ausgenommen vom Fahrverbot sind alle elektrisch oder mit Gas betriebene Fahrzeuge sowie die mit Hybridantrieb, mit dem sie mehr als 40 Kilometer elektrisch unterwegs sein können.

Der Verkehr in der Innenstadt hat – so die Stadtverwaltung – deutlich abgenommen. Die zentral gelegene Gran Vía verzeichnet in den ersten fünf Monaten von Madrid Central 24 Prozent weniger Verkehr, die gesamte Innenstadt acht Prozent und die Zufahrtsstrecken drei Prozent. In den kommenden Monaten wird das Verkehrsaufkommen weiter sinken.

90 Euro Bußgeld

Denn seit Mitte April werden Verstöße gegen das innerstädtische Fahrverbot mit einem Bußgeld von bis zu 90 Euro geahndet. Kameras überwachen, wer in das Gebiet von Madrid Central einfährt.

"Dass jemand wie Ecologistas en Acción den Rückgang der Luftverschmutzung bestätigt, ist sehr wichtig", erklärt Bürgermeisterin Manuela Carmena, die seit 2015 mit einem linksalternativen Bündnis die Hauptstadt regiert. Madrid Central ist ihr Vorzeigeprojekt in Sachen Umwelt. Die spanische Hauptstadt entging durch das neue Verkehrskonzept nur knapp einer Millionenstrafe aus Brüssel. Die Stadtverwaltung ging davon aus, dass die NO2-Belastung auf den 472 Hektar der Innenstadt bis zu 40 Prozent sinken werde. Die jetzt gemessenen Werte übertreffen damit die Erwartungen. Ecologistas en Acción und andere Umweltschutzverbände schätzen die Zahl derer, die bisher pro Jahr aufgrund der Luftverschmutzung frühzeitig versterben, auf 2000.

Kommunalwahl am 26. Mai

Ecologistas en Acción will sich mit dem Ergebnis nicht zufriedengeben. Die Umweltschützer fordern die Ausweitung der Verkehrsreduzierung auf andere Stadtteile. Die Stadtverwaltung stellt dies in Aussicht. Allerdings muss Carmena dazu erst einmal am 26. Mai wiedergewählt werden.

Die rechte Opposition versucht, die Kommunalwahlen zu einer Art Volksabstimmung über Madrid Central zu machen. Die Verkehrsberuhigung schade dem Einzelhandel und diskriminiere die Menschen aus dem Umland, lauten ihre Argumente. (Reiner Wandler, 13.5.2019)