2018 vereint im Kampf gegen Aids: Bürgermeister Michael Ludwig, Altbürgermeister Michael Häupl und Initiator Gery Keszler.

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Ohne das Adjektiv schrill kommt kaum ein Artikel über den Life Ball aus: Kostüme, auffallendes Make-up und viel Glitzer – der Life Ball und viele seiner Gäste sind "aus dem Rahmen fallend", so die Beschreibung von schrill im Duden. Das ist mit ein Grund für seinen Erfolg. Der Ball hat aber auch eine ernste Seite, schließlich steht er für den Kampf gegen Aids und HIV. Dass der 26. Life Ball am 8. Juni der letzte sein soll, ruft daher etwa bei der Aids Hilfe Wien Kopfzerbrechen hervor. In den vergangenen Jahren habe man stets zwischen 100.000 und 200.000 Euro an Spendengelder von Life+ erhalten, das ist jener Verein, der hinter dem Life Ball steht.

Das Geld sei in die Direkthilfe geflossen – man habe Klienten etwa finanziell unterstützt, wenn Reparaturen zu bezahlen waren. Von Aids Betroffene befinden sind oft in einer sozialen und finanziellen Notsituation, sagt Wolfgang Wilhelm, Vorstandsvorsitzender der Aids Hilfe Wien.

Therapielücken überbrücken

Auf der anderen Seite sei man auch eingesprungen, um Therapielücken zu überbrücken. Die Aids Hilfe kauft Restbestände von Medikamenten an, um sie an Klienten weiterzugeben, die kurz- oder langfristig nicht krankenversichert sind und die Therapie daher nicht auf Krankenschein erhalten.

Life+ ist mit Abstand der größte Spender, so Wilhelm. Die Zukunft insgesamt stehe dennoch nicht auf dem Spiel. Die Aids Hilfe Wien erhält Subventionen von der öffentlichen Hand – für 2019 sind das 1,11 Millionen Euro vom Gesundheitsministerium und 840.000 von der Stadt Wien. Die Arbeit der Aids Hilfe setzt sich aus Beratung, Präventionsarbeit und Betreuung Erkrankter zusammen.

Dennoch fordert Wilhelm die Errichtung eines Fonds, um die Lücke zu schließen. Nicht nur die öffentliche Hand, auch Pharmafirmen könnten sich daran beteiligen, um auch in Zukunft eine "flexible Kasse" für die unmittelbare Direkthilfe zu haben.

Wilhelm pocht zudem auf den Ausbau der Sexualpädagogik. Alle Arten von Sexualkontakten sollten vorurteilsfrei behandelt werden. Hier sei die Politik gefordert, den Unterricht an Schulen flächendeckend einzuführen.

"Kind der 90er-Jahre"

Ob er an eine Zukunft des Events in anderem Rahmen glaubt? Der Life Ball sei ein "Kind der 90er-Jahre", zeigt sich Wilhelm skeptisch, "er wurde aus der Verzweiflung heraus geboren." Das Thema Aidsbekämpfung habe sich dank des medizinischen Fortschritts seither massiv verändert. Eine Ausrottung bis 2030 sei erreichbar – umso bitterer, wenn finanzielle Mittel nun wegfallen.

Life-Ball-Gründer Gery Keszler zeigte sich in der Presse enttäuscht, dass bisher keine Stellungnahme des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig (SPÖ) vorliegt. Die Stadt habe sofort reagiert, heißt es dazu am Sonntag aus dem Rathaus auf Nachfrage des STANDARD. Finanzstadtrat Peter Hanke habe sein Bedauern ausgedrückt, und Ludwig sei exakt dieser Meinung. Jährlich seien 900.000 Euro an Subventionen für den Life Ball geflossen.

Sponsoren springen ab

Bleibt die Frage, warum namhafte Sponsoren das Event nicht mehr unterstützten. So soll neben der AUA auch die OMV abgesprungen sein. "Wir haben den Ball immer gut gefunden", sagt ein AUA-Sprecher. Die AUA habe beim Ball aber kein Sponsoring gemacht, sondern einen Teil der Kosten für die Flüge zwischen Wien und New York übernommen. "Dieses Mal ist man wirtschaftlich nicht mehr zusammengekommen", heißt es. Auch der Pharmakonzern Gilead fuhr sein Sponsoring zuletzt zurück. Am Sonntag war jedoch niemand für eine Stellungnahme erreichbar. (Rosa Winkler-Hermaden, 13.5.2019)