Ärgert sich über Kurz-Aussagen: Andreas Schieder.

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Wien – SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder hat am Montag mit Ablehnung auf den Anti-Bevormundungs-Vorstoß von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im EU-Wahlkampf reagiert. 1.000 EU-Verordnungen streichen zu wollen sei "inhaltlich ein vollkommener Topfen", sagte er in einer Pressekonferenz. Die ÖVP sei von der FPÖ nicht mehr zu unterscheiden, Kurz klinge kaum anders als Ungarns Premier Viktor Orbán.

Mit der Behauptung, dass die EU an allem schuld sei und jeden bevormunde, habe sich der Kanzler vom proeuropäischen Kurs seiner Partei verabschiedet und ihr europapolitisches Erbe in der Rhetorik der Rechtspopulisten versenkt. Kurz sei seit Jahren bei allen europapolitischen Beschlüssen mit dabei und spiele jetzt ein antieuropäisches Spiel. Damit mache er auch Wahlkampf gegen seinen eigenen Spitzenkandidaten Othmar Karas, so Schieder.

Die SPÖ stelle hingegen Zukunftsthemen in den Vordergrund, betonte er und legte ein inhaltliches Zwölfpunkteprogramm vor. Europa müsse sozialer und demokratischer werden und sich der Nachhaltigkeit verpflichten, so die Eckpunkte. Konkret wünscht sich die SPÖ einen Sozialvertrag mit Mindestlöhnen und Sozialstandards, Maßnahmen gegen Lohn- und Sozialdumping, eine "Globalisierungspause" und ein Beschäftigungs- und Innovationspaket samt Wohnbauoffensive und Eisenbahnausbau.

Weniger Einfluss für Lobbys

Beim Thema Nachhaltigkeit geht es Schieder um Steuergerechtigkeit, einen "Green New Deal" Richtung CO2-Neutralität 2030, fairere Wettbewerbsbedingungen, einen Privatisierungsstopp sowie eine gemeinsame europäische Asylpolitik. Mehr Demokratie will die SPÖ durch eine Aufwertung des europäischen Parlaments (etwa durch ein eigenes Initiativrecht) erreichen. Ein Förderstopp bei Missachtung der Grundrechte sowie weniger Einfluss für Konzernlobbys gehören für die SPÖ hier auch dazu.

Einem neuen EU-Vertrag werde die Sozialdemokratie nur zustimmen, wenn die soziale Säule in der EU gestärkt und gegenüber dem Wettbewerb bevorrangt wird, betonte Schieder. Die Stärkung des Parlaments sei die zweite Voraussetzung, und ein neuer Vertrag müsse einer europaweiten Volksabstimmung unterzogen werden.

Bezüglich der kursierenden Fraktionsbildungsideen rund um Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und die Liberalen zeigte sich Schieder skeptisch. "In vielen Punkten wollen wir in dieselbe Richtung, aber in vielem weiter", sagte er, nämlich in der sozialen Dimension. Eine gemeinsame Fraktion wertete er daher als "doch irgendwie übertrieben". Eine Zusammenarbeit in vielen Fragen und damit auch an einer Reformagenda für Europa begrüße er aber.

Kommission: Wahlkampfgetöse

Die EU-Kommission hält die jüngste Forderung von Bundeskanzler Kurz nach Bürokratieabbau in der EU für Wahlkampf. "Dies sind Fragen, die zur aktuellen Kampagne gehören. Die EU-Kommission steht nicht im Wahlkampf", sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Montag zu Kurz' Aussagen. "Wir werden Kommentare nicht kommentieren."

Auch sei ihm nicht bekannt, dass Kurz das Thema gegenüber EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker beim Gipfel in Sibiu aufgebracht hätte, sagte der Sprecher. Die EU-Kommission wolle jedenfalls "groß bei großen Themen" sein.

Karas für Bürokratieabbau

Der ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, Othmar Karas, sagt, er halte einen weiteren Bürokratieabbau in der EU für notwendig. "Ich unterstütze die Initiative von (EVP-Spitzenkandidat, Anm.) Manfred Weber, weitere Vorschriften auf EU-Ebene abzuschaffen", sagte Karas am Montag laut Aussendung.

Zur Forderung von Kurz nach Streichung von 1.000 nicht näher definierten EU-Verordnungen beziehungsweise zur Rückgabe der Kompetenzen dieser Verordnungen an die Mitgliedstaaten nahm Karas nicht im Detail Stellung.

EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn, der auch Vizepräsident der Europäischen Volkspartei (EVP) ist, wollte auf Anfrage der APA am Montag ebenfalls nicht zu der Forderung des Bundeskanzlers Stellung nehmen. (red, APA, 13.5.2019)