Kraft der Interpretation: Dirigent Nikolaj Szeps-Znaider.

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Große Oper in kleinen Häppchen gönnte sich das Konzertorchester der Stadt Wien zuletzt: Ende April zelebrierten die Wiener Symphoniker den Karfreitagszauber aus Wagners Parsifal unter der Leitung von Susanna Mälkki, nun folgte die letzte Szene aus der letzten Oper von Richard Strauss, Capriccio. Wie ein frei schwebender Strahl gebündelten Lichts erhellte dabei der Sopran von Krassimira Stoyanova den Musikvereinssaal.

Zuerst die Musik und dann die Worte? An der Aussprache hätte die große Bulgarin noch feilen können. Da wird Christian Thielemann im Sommer in Bayreuth, wenn Stoyanova die Elsa singt, wohl genauer hinhören als Nikolaj Szeps-Znaider. Der Weltklassegeiger und Dirigent nahm es wiederum mit dem Zauber der Musik von Richard Strauss nicht unbedingt so genau und brachte das Werk doch recht eilig zu Ende. Ende Februar hatten die Symphoniker unter der Leitung ihres 43-jährigen Residenzkünstlers eine beseelte Zweite Brahms gespielt.

Musikalische Kraft

Bei Mahlers erster Symphonie – Szeps-Znaider dirigierte das Werk des Anweisungsfetischisten Mahler auswendig! – überzeugte die musikantische Kraft der Interpretation, dann auch speziell im zweiten Satz.

Manche Übergänge – etwa zur volksliedhaften G-Dur-Episode im dritten Satz – ereigneten sich abrupt. Für die metaphysischen Aspekte hinter dem vordergründigen Zauber von Gustav Mahlers Musik hat der Däne noch wenig Sinn entwickelt – wie er auch insgesamt mehr jovialer Stimmungsmacher ist denn ein gestrenger Hohepriester der letzten Dinge. Begeisterung. (sten, 13.5.2019)