Der digitale Sportler ist längst Realität.

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An der Spitze

Im Spitzensport tummeln sich schon lange hochspezialisierte Sportmediziner, Physiotherapeuten und andere Leistungsoptimierer. Wer im Wettkampf bestehen und nicht zu illegalen Mitteln und Substanzen greifen will, muss alles aus sich herausholen – gnadenlos. "Es geht darum, Erfolge systematisch und nicht mehr rein zufällig zu erzielen", sagt Christian Raschner, sportlicher Leiter des Olympiazentrums Tirol. Ernährung, Schlaf und Psyche sind längst in modernen Trainingsplänen berücksichtigt. Mitunter finden sich darauf simulierte Höhentrainings in Zelten. In den Spitzenteams werden frühmorgens die Biodaten der Schützlinge gecheckt, Training und Kost darauf abgestimmt. Weil die Sportler dadurch gewissermaßen gläsern werden, müsse Datenschutz höchsten Standards entsprechen, so Raschner.

Catapult

Wearables wie die Apple Watch, intelligente Chips oder Leistungstracker an Hanteln liefern heute immer mehr und kontinuierlich Daten. Die bringen aber nur dann etwas, wenn sie von Experten ausgelesen, interpretiert und in Trainingspläne übersetzt werden. Wer sich mit Fußball auskennt, weiß, dass es entscheidend ist, wie effizient die gelaufenen Kilometer investiert werden. Bei Neuverpflichtungen von Spielern, Spieltagsanalysen und wohl auch bei Sponsoringverträgen werden künftig statistische Daten in die Verhandlungen einfließen.

Da Fußball komplexer als ein 100-Meter-Lauf ist, dürften die Effekte optimierter Trainings dort eher langfristig zu sehen sein. Aber die Kultur des Trainings öffnet sich immer mehr der Datenanalyse. Ob sich dadurch irgendwann sogar Gen- und Stammzellendoping nachweisen lässt, wird sich weisen.

In der Breite

Gerüchten zufolge soll es immer noch ein paar Menschen geben, die ihre sonntäg liche Laufrunde vor dem Brunch ohne Pulsmesser, Schrittzähler, Kompressionsstrümpfe, Running-App, Bluetoothkopfhörer, individuell angepasste Laufschuhe aus dem 3D-Drucker und smarte Laufbekleidung absolvieren. Sie werden nicht ganz verschwinden, aber wohl zusehends zur Minderheit. Denn die Sportartikelindustrie ist heute mehr denn je darauf bedacht, die neuesten Gadgets und Wearables aus der Welt des Spitzensports breitenwirksam und marketingintensiv ans bewegungsfreudige Publikum zu bringen.

Gadgets, Gadgets, Gadgets. Wer der Werbung glaubt, meint fast Sport wäre ohne Tools gar nicht mehr ausübbar.
Gadgets Review

Die Digitalisierung und die Verknüpfung des Internets der Dinge mit dem Breitensport schreiten unaufhaltsam voran: Sensoren auf der Haut und spezielle Uhren werden für Hobbysportler noch einige Zeitlang das Mittel der Wahl sein, um Leistungsdiagnostik zu betreiben. In fernerer Zukunft könnten diese aber durch integrierte Chips ersetzt werden. So würden die Entwickler noch mehr Daten gewinnen, um nicht nur angepasste Trainingspläne, sondern auch individualisierte und passgenaue Kaufangebote zu schneidern. Sportwissenschafter Raschner empfiehlt, bei den Versprechungen der Start-up-Szene und Industriegrößen kritisch zu bleiben: Oft würden dabei objektive Studien fehlen, die Effekte für die Leistung beweisen.

Auch die Liste der technischen Hilfsmittel und Substanzen, die zur Leistungssteigerung an den Körper an- oder in diesen eingebracht werden, wird mit dem Fortschritt von Industrie und Medizin immer länger. Raschner plädiert aber dafür, erst einmal die körpereigenen Fähigkeiten auszureizen. (faso, 14.5.2019)