Der oberösterreichische Maler und Bildhauer Odin Wiesinger, der eigentlich Manfred heißt, gilt als Haus- und Hofkünstler der politischen Rechten.

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Linz – Er malt aufs Schlachtfeld stürmende Landser, porträtiert Soldaten mit Stahlhelm oder säbelschwingende Burschenschafter. Wenn ihm friedvoller zumute ist, dominieren seine Kunst Symbole und Figuren der nordisch-germanischen Mythologie, schwarze Raben, mittelalterlich-gotische Motive oder Landschaften, wie man sie aus der deutschen Romantik kennt.

Geht es nach der FPÖ, soll der Künstler Odin Wiesinger künftig den Kulturgeschmack der oberösterreichischen Landespolitik mitdefinieren. Denn die Freiheitlichen, seit 2015 in einer Koalition mit VP-Landeshauptmann Thomas Stelzer, beschicken den Kulturlandesbeirat mit Wiesinger. Das auf vier Jahre bestellte Gremium besteht aus 25 Personen, neun davon werden politisch besetzt – proportional durch alle im Landtag vertretenen Parteien. Die restlichen Plätze gehen via Ausschreibung an unabhängige Fachleute. Das Gremium hat keine Entscheidungsgewalt, sondern lediglich beratende Funktion in Fragen der kulturpolitischen Strategie oder bei Förderungen.

"Lieblingsmaler" Norbert Hofers

Kritiker befürchten durch die Neubesetzung des Beirats allerdings eine rechtskonservative Wende in der lange als progressiv geltenden Kulturpolitik Oberösterreichs. In der Entsendung Wiesingers sehen viele allein auf symbolischer Ebene einen Affront: Als "absolute Provokation" bezeichnet den Schritt die SPÖ; die Kulturplattform Oberösterreich und die Gesellschaft für Kulturpolitik formulierten einen offenen Brief an Stelzer, in dem sie einmahnten, dass in dem Beratungsgremium stets "Offenheit" und "nicht die plumpe politische, ideologische Ausrichtung im Vordergrund gestanden" sei. Die Kritiker forderten von Stelzer vergeblich, die Entsendung Wiesingers zu verhindern. Stelzer verwies auf das Recht der Parteien, eigenständig Kandidaten zu nominieren, Montagnachmittag segnete die Landesregierung die Liste der Beiräte ab.

Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Odin Wiesinger erst bekannt, als Norbert Hofer 2016 sich zu ihm als seinem "Lieblingsmaler" bekannte. Die Aussage des damaligen Bundespräsidentschaftskandidaten der FPÖ war einer der Aufreger im längsten Wahlkampf der Geschichte und trübte die Positionierung Hofers als sanftes Gesicht der FPÖ. Denn dem 1961 geborenen Künstler aus Andorf im oberösterreichischen Innviertel wird Nähe zum rechtsextremen politischen Rand vorgeworfen.

"Minderwertige" Kunst und Othala-Rune

Der Absolvent der Linzer Hochschule für Gestaltung ist Mitglied der schlagenden Burschenschaft Scardonia zu Schärding und sticht seit Jahren als Haus-und-Hof-Künstler der politischen Rechten hervor. Neben Norbert Hofer gaben sich auch Martin Graf oder Oberösterreichs FPÖ-Vizelandeshauptmann Manfred Haimbuchner als Förderer zu erkennen.

Seinen Künstlernamen Odin (nach dem nordischen Göttervater) erhielt Wiesinger in der Burschenschaft, sein echter Vorname lautet Manfred. Als Logo führt er eine stilisierte Othala- bzw. Odal-Rune, die in der Waffen-SS und später bei Neonazis (u. a. bei der verbotenen Wiking-Jugend) Verwendung fand. Wiesinger sieht in seinem Logo hingegen ein harmloses Monogramm aus seinen inInitialen "O" und "W".

In einem Interview mit dem rechtskonservativen Blatt Junge Freiheit von 1998 definierte Wiesinger seine Ansichten zur "gegenwärtigen offiziellen Kunstszene": "Kurz gesagt, ist das zum überwiegenden Teil für mich die Diktatur des Hässlichen, Minderwertigen, Würde- und Maßlosen! Verschüttete und verschmierte Farbe nach Art der Primaten in der Malerei, Pornografie und Gestammel auf den Bühnen."

Wiesingers eigene Arbeiten erschienen in den rechten Medien Info-Direkt und in der Aula. Eine seiner Bildserien trägt den Titel Endsieg. Er selbst verwehrt sich gegen eine eindimensionale Sicht auf seine Person, so habe er etwa auch pazifistische Bilder gegen den Jugoslawienkrieg gemalt.

"Hässliches und dummes Stück Fleisch"

Auf Facebook gibt sich Wiesinger allerdings wenig friedfertig, wie das Magazin Vice berichtete. Über Eva Blimlinger, Rektorin der Wiener Akademie der bildenden Künste, schrieb er: "... im Sinne der Freiheit der Kunst: ... selten so ein hässliches und dummes Stück Fleisch gesehen!" Vertrieben werden Wiesingers Bilder mitunter von der italienischen Galerie Thule. Auf ihrer Website informiert diese über NS-Künstler wie Arno Breker , der dahinterstehende Verlag verkauft u. a. Nazi-Devotionalien und fragwürdige Literatur zu Faschismus und NS-Staat.

"Kunst bleibt Kunst, und diese hat kein Mensch einzuengen oder zu verbieten – ob Gabalier oder Wiesinger." Wer das versuche, habe in Österreichs Politik nichts verloren, kommentierte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker den Protest gegen die Nominierung. Aus dem Büro Thomas Stelzers war vorerst keine weitere Stellungnahme zu bekommen, nur so viel: Man habe in dem Beirat erstmals eine geschlechtergerechte 50:50-Quote erreicht. (Stefan Weiss, 13.5.2019)