Wien – Eineinhalb Wochen vor der EU-Wahl geht der Wahlkampf in die letzte Phase. Das weiß auch Helga Feldner-Busztin beziehungsweise der Verein SOS Mitmensch, der einen Videoaufruf der 90-Jährigen veröffentlicht hat. Feldner-Busztin bittet ihre Zuseher darin, am 26. Mai wählen zu gehen, und warnt vor einem "Rechtstrend" in Europa.

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Vom vermeintlichen Privileg, irgendwo geboren zu sein

"Ich bin schon 90 Jahre alt und habe schon sehr vieles gesehen in meinem Leben, aber was jetzt in den wesentlichen Staaten von Europa an der Spitze ist, ist beängstigend", sagt Feldner-Busztin. 1929 in Wien geboren, wurde sie mit ihrer Mutter und ihrer Schwester in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Nach der Befreiung traf sie ihren Vater wieder, der Auschwitz überlebte.

Im Video warnt die Holocaustüberlebende vor dem "Trend, Menschen nach ihrer Hautfarbe, ihrer Religion, ihrer Herkunft schlechter zu behandeln als die eingeborene Bevölkerung, die glaubt, dass das ein Privileg ist, dass man irgendwo geboren ist, und dass einem dadurch Vorteile zukommen, nur weil man irgendwo weiß ist, bei der passenden Religion oder bei der passenden Partei".

Erinnerungen an Frau Gertrude

Wahrscheinlich fühlen sich viele Menschen an ein anderes Video erinnert: Im Bundespräsidentenwahlkampf zwischen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer schlug der Appell einer Holocaustüberlebenden hohe Wellen. "Frau Gertrude" wurde 2016 zum Social-Media-Star. Kurz vor der Wiederholung der Stichwahl veröffentlichte das Team Van der Bellens das Video, in dem Gertrude Pressburger eindringlich vor Hass und Hetze warnte. Bis zum heutigen Tag wurde das Video auf Facebook knapp vier Millionen Mal angesehen. Vor etwa einem Jahr erschienen die Erinnerungen der 1927 geborenen Pressburger in Buchform.

Auch andere rufen zur Wahl auf

Bis zur Wahl will SOS Mitmensch mehrere Videoappelle prominenter Persönlichkeiten, die zur Wahlbeteiligung aufrufen, zeigen. Den Anfang machten die Schauspieler Hans Sigl und Verena Altenberger sowie die Musikerin Mavi Phoenix.

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Feldner-Busztin bezeichnet die EU-Wahl als "wesentlich". Es gebe eine "breite Auswahl von Parteien, die wählbar sind und die Europa nicht zerstören wollen und die für eine ganz gewöhnliche Demokratie für alle dastehen. Deswegen sage ich: Bitte, gehts wählen, es ist sehr wichtig." (lhag, 14.5.2019)