Mit der Kippa – der traditionellen jüdischen Kopfbedeckung – versammelten sich im April 2018 zahlreiche Menschen in Erfurt, um gegen Antisemitismus zu demonstrieren. Ob der gestiegenen Zahl an antisemitischen Übergriffen rief der deutsche Außenminister zu mehr Engagement dagegen auf, warnte aber auch vor einer Instrumentalisierung des Phänomens durch Rechtspopulisten.

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Berlin – Die Zahl der fremdenfeindlichen Straftaten in Deutschland ist im vergangenen Jahr um fast 20 Prozent auf rund 7.700 gestiegen. Einen ähnlich hohen Anstieg verzeichneten die Sicherheitsbehörden bei antisemitisch motivierten Straftaten.

Das teilte der deutsche Innenminister Horst Seehofer am Dienstag bei der Vorstellung der Statistik zur politisch motivierten Kriminalität im Jahr 2018 mit. Seehofer betonte, dass knapp 90 Prozent der 1.799 antisemitischen Straftaten des vergangenen Jahres dem "Phänomenbereich rechts" zuzuordnen seien.

Weniger Delikte durch Islamisten

Einen noch größeren Anstieg registrierte die Polizei bei Straftaten, die in Zusammenhang mit politischen Konflikten im Ausland stehen. So kam es beispielsweise nach Beginn der türkischen Militäroffensive im syrischen Afrin zu Angriffen auf mehrere Einrichtungen, die von Türkeistämmigen besucht werden.

Die Zahl der Delikte radikaler Islamisten ging dagegen zurück. Das könnte nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden damit zusammenhängen, dass die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) in Syrien und im Irak zurückgedrängt wurde. Laut dem deutschen Bundeskriminalamt wurden 2018 im ganzen Land 910 Straftaten mit islamfeindlichem Hintergrund (Vorjahr: 1075) erfasst sowie 121 christenfeindliche Delikte (Vorjahr: 129).

Warnung vor Rechtspopulisten, die Antisemitismus instrumentalisieren

Der deutsche Außenminister Heiko Maas rief indes zu mehr Engagement gegen Antisemitismus auf, warnte aber auch vor einer Instrumentalisierung des Phänomens durch Rechtspopulisten. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass Rechtspopulisten die Angst vor Antisemitismus Instrumentalisieren, um antimuslimischen Rassismus zu rechtfertigen, sagte Maas bei der Auftaktveranstaltung zur Gründung eines europäischen Netzwerks gegen Antisemitismus in Berlin.

"In einem freien und toleranten Europa müssen wir eine Frau mit Kopftuch genauso vor Beleidigungen und Übergriffen schützen wie einen Mann mit Kippa", sagte der Sozialdemokrat. "Viele der Menschen, die zu uns gekommen sind, haben schon früh antisemitische Klischees eingeimpft bekommen", spielte er auf Einwanderer aus dem arabischen Raum an. Antisemitismus sei aber "kein Importprodukt". Rechtsradikale seien für den Großteil der antisemitischen Straftaten in Deutschland verantwortlich. Zahlen des Innenministeriums zufolge gebe es mehr als 12.000 gewaltbereite Rechtsextremisten allein in Deutschland. (APA, dpa, 14.5.2019)