Wien – Legionella pneumophila heißt der Erreger der Legionärskrankheit, einer atypischen Lungenentzündung, die für gesunde Menschen eher harmlos ist, für Menschen mit geschwächtem Immunsystem aber lebensbedrohlich sein kann. Die Anzahl der Erkrankungen durch Legionellen ist in den vergangenen 20 Jahren weltweit gestiegen. Der letzte große Ausbruch in Europa ereignete sich im September 2018 in der italienischen Stadt Brescia. Über 400 Patienten erkrankten an Lungenentzündung und wurden im Spital behandelt. In Österreich wurden im Jahr 2017 insgesamt 228 Erkrankungsfälle registriert, zehn davon endeten tödlich.

Der natürliche Lebensraum der Legionellen sind Sedimente von Seen und Flüssen, sie kommen aber auch in Wasserleitungssystemen vor. "Dort vermehren sie sich in Einzellern, die sie anschließend zerstören. Genau diese Eigenschaft erlaubt Legionellen auch die Infektion des Menschen. Zur Erkrankung kommt es in der Regel erst nachdem sich Legionellen in Einzellern vermehrt haben", erklärt Matthias Horn vom Zentrum für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft der Uni Wien.

Gemeinsam mit seinem Team und Wissenschaftern des Institut Pasteur und der University of Michigan untersuchte Matthias Horn das Leben der Legionellen in Einzellern. Mit der Fähigkeit in Einzellern zu überleben sind Legionellen nicht allein. Einzeller beherbergen häufig andere Bakterien, sogenannte Endosymbionten, die ihnen jedoch nicht schaden. Die Wissenschafter haben nun herausgefunden, dass diese Bakterien maßgeblich die Vermehrung und Verbreitung von Legionellen beeinflussen.

Was eine Infektion verhindert

In zahlreichen Experimenten konnten die Forscher nachweisen, dass Legionellen sich weniger gut in Amöben vermehren können, wenn diese Endosymbionten enthalten. Erstaunlicherweise überleben dabei die meisten Amöben mit Endosymbionten die ansonsten letale Infektion mit Legionellen. "Jene Bakterien, die sich vorher in Amöben mit Endosymbionten vermehrt hatten, waren deutlich weniger infektiös, konnten also weit weniger effizient neue Amöben attackieren", erklärt Lena König, Erstautorin der Studie.

Um besser zu verstehen, was innerhalb von Amöben passiert, die zeitgleich Endosymbionten beherbergen und von Legionellen infiziert werden, haben sich die Wissenschafter die Genexpression beider Bakterien genauer angesehen. "Die RNA-Sequenzierung erlaubt Rückschlüsse auf biologische Ereignisse, die sich innerhalb der Einzeller abspielen", erklärt Cecilia Wentrup, Co-Autorin der Studie. "Dabei haben wir eine Erklärung für die Reduktion der Infektiosität der Legionellen gefunden. Diese scheinen nämlich den natürlichen Endosymbionten der Amöben in der Konkurrenz um Nährstoffe zu unterliegen, die beide von den Einzellern benötigen."

Die Folge: Legionellen vermehren sich langsamer und können die für die Infektion von Amöbe und Mensch notwendigen Faktoren nicht produzieren. Die Krankheitserreger sind beispielsweise nicht beweglich und es fehlen ihnen wichtige Speicherstoffe.

Vom Labor in die Umwelt

Was die Forscher noch herausfanden: Der Wachstumsstopp funktionierte nicht nur mit den üblicherweise verwendeten Laborstämmen, sondern auch mit frisch aus der Umwelt gewonnenen Amöben und kürzlich isolierten Legionellen. Endosymbionten von Amöben sind also nicht nur unter Laborbedingungen, sondern vermutlich auch in der Umwelt ein wichtiger Faktor bei der Vermehrung und Verbreitung von Legionellen. "Dies erscheint insbesondere deshalb interessant, da die meisten Einzeller unter natürlichen Bedingungen bakterielle Symbionten tragen", resümieren die Studienautoren. (red, 15.5.2019)