Das Bundesverwaltungsgericht in Wien entzog dem umstrittenen Gutachter die Zulassung.

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Nach der vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) verfügten Streichung des umstrittenen Afghanistan-Gutachters Karl Mahringer aus der Gerichtssachverständigenliste fordern Grüne und Neos, dass nun all jene Asylverfahren, in denen sich negative Entscheidungen auf Mahringers Einschätzungen stützten, wieder aufgerollt werden. "Seine Inkompetenz war offensichtlich. So jemand darf einfach nicht als Gutachter eingesetzt werden – weder in Asyl- noch in anderen Verfahren", sagt Neos-Asylsprecherin Stephanie Krisper. Auch für den oberösterreichischen Integrationslandesrat Rudolf Anschober (Grüne) hat Mahringer "seine Glaubwürdigkeit verloren".

Einen Antrag auf Wiederaufnahme könnten nur Betroffene stellen. Juristen wie der auf Asylrecht spezialisierte Rechtsanwalt Georg Bürstmayr bezweifeln aber, dass es zu einer Wiederholung der Asylverfahren kommt. Denn das BVwG habe nicht festgestellt, dass Mahringers Gutachten fehlerhaft seien, sondern dass ihn seine Voreingenommenheit disqualifiziere. Seiner Meinung nach sind "70 Prozent der afghanischen Asylwerber Wirtschaftsflüchtlinge". Außerdem hatte er dem Erstgericht unterstellt, mit NGOs zusammenzuarbeiten, um ihm zu schaden.

Beschwerde gegen Entscheidung

Bereits im Vorjahr hatte das Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen ein Überprüfungsverfahren gegen Mahringer durchgeführt und dem 66-Jährigen die Eigenschaft als allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger entzogen. Mahringer hatte Beschwerde dagegen eingelegt, und diese hatte eine aufschiebende Wirkung bis zur jetzigen rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wie am Dienstag bekannt geworden war. Mahringer selbst war am Mittwoch nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Wie viele Entscheidungen aufgrund von Mahringers Gutachten negativ entschieden wurden, dazu gibt es keine offiziellen Angaben. Faktum ist, dass Mahringer der einzige in der Gerichtssachverständigenliste für Afghanistan ist. Am Mittwoch war er dort noch gelistet, mit einer Zertifizierung bis 2021.

40 Prozent der Asylanträge abgelehnt

Laut Statistik des Innenministeriums stellten im Vorjahr 2.120 afghanische Staatsbürger (2017: 3.781) einen Asylantrag in Österreich. Da aber in einem Berichtsjahr immer auch ältere Anträge behandelt werden, ist die Zahl der tatsächlichen Entscheidungen wesentlich höher. Der Anteil positiver Entscheidungen betrug jedenfalls bei Afghanen im Vorjahr 50 Prozent, 40 Prozent wurden negativ entschieden. Der Rest waren Verfahrenseinstellungen, weil zum Beispiel Betroffene nicht mehr auffindbar waren. (APA, simo, 15.5.2019)