Generalsekretär Christian Pilnacek sieht sich mit dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs konfrontiert.

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Ohne ihn ging in den vergangenen Jahren im Justizministerium nur wenig: Mit seiner Berufung zum Generalsekretär im Zuge des türkis-blauen Regierungswechsels galt Christian Pilnacek als mächtigster Justizbeamter, dem teils mehr Einfluss als Justizminister Josef Moser (ÖVP) nachgesagt wurde. Nun steckt Pilnacek in der größten Krise seiner über zwanzig Jahre andauernden Karriere. Hochrangige Staatsanwälte der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) haben Moser über möglichen Amtsmissbrauch Pilnaceks in der Causa Eurofighter informiert. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Für Beobachter, die anonym bleiben wollen, ist das der "Super-GAU des Systems", der sich allerdings schon lange abgezeichnet habe. Denn seit Anfang 2018 ist zwischen einigen Staatsanwälten und dem Ministerium viel Porzellan zerschlagen worden: So nahm sich Pilnacek kein Blatt vor den Mund, als es um das Vorgehen der WKStA in der Affäre rund um den Verfassungsschutz (BVT) ging, weil die später für widerrechtlich erklärte Razzia ohne Vorabinfo ans Ministerium durchgeführt worden war. Als Reaktion darauf sollte die Berichtspflicht der WKStA wieder verschärft werden, was dort für massiven Unmut sorgte.

"Cut machen"

Nun ist es die andere große Affäre der Republik, die Pilnacek grobe Probleme bereitet. Konkret geht es um zwei Aussagen Pilnaceks bei einer Dienstbesprechung im Rahmen der Fachaufsicht am 1. April. Die WKStA legte dort offen, wie sie in den von der Wiener Staatsanwaltschaft übernommenen Eurofighter-Ermittlungen weiter vorgehen wolle. Im Lauf der Sitzung war Pilnacek "gesteigert ungehalten", wie er dem STANDARD sagt. Dabei gab es mehrere Streitpunkte. Die WKStA thematisierte in der Besprechung, an der 16 Leute teilnahmen, ihre Unzufriedenheit mit den bisherigen Ermittlungen und schlug quasi einen Neuanfang vor.

Pilnacek will hingegen, dass die in den vergangenen sieben Jahren gesammelten Erkenntnisse genutzt werden. "Es gibt sehr wohl Sachverhalte, die anklagbar sind", sagt Pilnacek zum STANDARD. Wenn andere Ermittlungsstränge tatsächlich unbrauchbar sind, etwa weil die Delikte verjährt sind, müsse man sie "erschlagen" oder einen "Cut machen", wird Pilnacek im Protokoll, über das zuerst Addendum und Ö1 berichtet haben, sinngemäß zitiert. Dazu steht er: Wenn etwas verjährt ist, ist es verjährt. Es könne aber nicht sein, "dass das gesamte bisherige Verfahren als untauglich erklärt wird", so Pilnacek. "Es gibt Ergebnisse, die muss man würdigen." Hätte die WKStA recht mit ihrer Kritik, wäre das Ministerium von den bisherigen Staatsanwälten und ihren Berichten "getäuscht" worden.

Streit um Personalressourcen

Noch hitziger wurde die Diskussion am 1. April, als es um den Personalstand der WKStA ging. Diese beklagte, zu wenig Ressourcen für die Causa zu haben, zudem wurde die Kompetenz zweier junger zugeteilter Staatsanwälte infrage gestellt. Das regte wiederum Pilnacek auf, der das keineswegs so sieht und am Donnerstag darauf verwies, dass es bei der WKStA nun drei Staatsanwälte und zwei Gruppenleiter statt wie bisher zwei Staatsanwälte gebe. In Bezug auf die knappen Ressourcen, mit denen die WKStA argumentiert, weisen Wohlinformierte darauf hin, dass einer der beiden Gruppenleiter mit einer medienwirksamen Causa in Salzburg beschäftigt sei. Für diese Einteilung seien die Oberbehörden nicht verantwortlich.

Im Justizministerium soll nun ein professioneller Mediator versuchen, für diesen Konflikt Lösungswege zu entwickeln, sagt Pilnacek. Justizminister Moser sagte zu dem "Informationsbericht", den er über Pilnacek erhalten habe, dass "Aussage gegen Aussage" stehe und man die Ermittlungen abwarten müsse. Diese liegen nun bei der Staatsanwaltschaft Linz.

Die Oppositionsparteien forderten am Donnerstag einhellig die Suspendierung Pilnaceks. Peter Pilz urgierte bei einer Pressekonferenz die sofortige Abberufung Pilnaceks, da eine "akute Verdunkelungsgefahr" drohe. Pilnacek hat gegen Pilz wegen Verleumdung Anzeige erstattet. Das hat Pilnaceks Anwalt Dieter Böhmdorfer am Donnerstagabend bekannt gegeben. Weitere Erklärungen dazu gab er nicht ab. (Renate Graber, Fabian Schmid, Nina Weißensteiner, 16.5.2019)