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Nicht nur "aus ideologischen Gründen" müsse man besorgt sein, sondern auch, "weil diese Parteien von Italien eine strenge Austeritätspolitik verlangen", sagt Fünf Sterne-Chef Di Maio.

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Mailand – Aus dem Zusammenschluss von elf rechtspopulistischen Parteien, die in Mailand bei einer Veranstaltung rechtspopulistischer Gruppierungen anwesend sind, soll eine neue Rechts-Fraktion im Europaparlament erwachsen. Nach dem Eklat um das am Freitag publik gewordenen Video von FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache hat der Spitzenkandidat der Partei für die Europawahl, Harald Vilimsky, seine Teilnahme an der Großveranstaltung abgesagt. Die FPÖ wird nun vom Europaabgeordneten Georg Mayer vertreten.

Italiens Ex-Premier Paolo Gentiloni hat am Samstag ironisch auf die Beziehungen des am Samstag zurückgetretenen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache (FPÖ) zum italienischen Innenminister Matteo Salvini hingewiesen. Dieser führt am Samstag in Mailand eine Großveranstaltung mit elf rechtspopulistischen Parteien, darunter der FPÖ, am Ende des EU-Wahlkampfes.

Der Sozialdemokrat Gentiloni, zwischen 2016 und 2018 italienischer Premier, postete auf Twitter ein Foto Straches mit der französischen Rechtspolitikerin Marine Le Pen und Salvini. "Er (Strache) wird in Mailand nicht dabei sein. Er war Österreichs Vizekanzler und musste wegen des Vorwurfs zurücktreten, russische Schwarzgelder zu waschen", kommentierte Gentiloni.

Zehntausende Lega-Anhänger in Mailand

Den Anhängern Salvinis ficht das nicht an. Zehntausende Aktivisten von Lega versammelten sich auf der zentralen Piazza Venezia und defilierten dann zum Mailänder Domplatz, wo die Veranstaltung mit elf europäischen Parteien organisiert wurde.

Eine Woche vor der Europawahl warben die Parteien unter der Regie des italienischen Innenministers und Lega-Chefs Salvini für ihre Allianz "Europa des gesunden Menschenverstandes", die im Europaparlament eine große Fraktion gründen soll. Diese soll laut Salvinis Angaben "Europäische Allianz der Nationen und der Völker" heißen.

Mit Salvini traten auf der großen Bühne unweit des Mailänder Doms Jörg Meuthen von der Alternative für Deutschland (AfD), Marine Le Pen von der französischen Nationalen Sammlungsbewegung (Rassemblement National, RN), und Geert Wilders von der niederländischen Freiheitspartei (PVV) auf. Sie warben zusammen für die rechtspopulistische Allianz, die Europa von innen erneuern solle.

Fidesz bisher nicht dabei

Dem Bündnis haben sich inzwischen unter anderem der belgische Vlaams Belang, die Partei Wahre Finnen, die Dänische Volkspartei (DF), die tschechische Freiheit und direkte Demokratie (SPD), die bulgarische Volya-Partei, die slowakische SME Rodina sowie die estnische Konservative Volkspartei (EKRE) angeschlossen. Die Versuche Salvinis und Le Pens, auch die ungarische Fidesz von Regierungschef Viktor Orban für die Allianz zu gewinnen, sind bisher gescheitert.

Umfragen zufolge dürften rechtspopulistische und europafeindliche Parteien in zahlreichen EU-Staaten bei der nächste Woche anstehenden Europawahl deutlich zulegen. Salvinis Lega etwa könnte mehr als 30 Prozent der Stimmen einfahren und damit zur stärksten Kraft in Italien werden.

Österreichs Vertreter Mayer sagte gegenüber der APA: "Gegen alle Widrigkeiten ist es uns gelungen, eine Allianz aus Parteien aufzubauen, die gut zusammenarbeiten." Mayer bestritt, dass es politische und ideologische Unterschiede zwischen den am Bündnis beteiligten Gruppierungen gebe. "Es ist in unserem Interesse, zusammen die EU zu ändern. Wir wollen die Bürokratie reduzieren und für mehr Wachstum sorgen", sagte der FPÖ-Europa-Abgeordnete.

Angst vor Masseneinwanderungen und Islamisierung

Als er selbst am Wort war, bezeichnete Mayer die EU-Wahlen am 26. Mai als epochale Wende für Europa. "Wir können entscheiden, ob wir ein Europa der Masseneinwanderung, der Zentralisierung, und der Islamisierung erdulden wollen, oder ob wir unsere großartige europäische Kultur verteidigen wollen", so Mayer.

In seiner Ansprache auf dem Mailänder Domplatz sagte der FPÖ-Politiker, die Europäer stünden vor der Wahl zwischen Grenzschutz und Masseneinwanderung aus Afrika, zwischen der großartigen vielfältigen europäischen Kultur und einer Einheitskultur. "Wir können zusammen unsere Zukunft schreiben, Europa steht vor einer epochalen Wende", sagte Mayer.

Der FPÖ-Politiker lobte die Arbeit von Italiens Innenminister und Chef der rechten Lega Matteo Salvini. "Er ist nicht nur der Schützer Italiens, sondern ganz Europas. Er hat die Massenmigration gestoppt und bekämpft aktiv den Menschenhandel", sagte Mayer. Er vertrat in Mailand den FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky, der wegen der Regierungskrise seine Teilnahme an der Veranstaltung in Mailand absagte.

"Wir sind nicht diejenigen, die Europa zerstören. Wir sind das Medikament für den europäischen Patienten. Wir sind nicht die Zerstörer und die Spalter, sondern die Reformer und Bewahrer", erklärte Mayer. Rechtspopulistische Parteien seien die "Verteidiger der Demokratie" und ein Schutzdamm für die Freiheit.

Fünf-Sterne-Bewegung besorgt

Die mit der rechten Lega verbündete Fünf Sterne-Bewegung beobachtet mit Sorge das am Samstagnachmittag geplante Treffen von elf europäischen rechtspopulistischen Parteien in Mailand. "Man muss nicht nur aus ideologischen Gründen besorgt sein, sondern auch, weil diese Parteien von Italien eine strenge Austeritätspolitik verlangen", so Fünf Sterne-Chef Luigi Di Maio.

"Europas ultrarechte Parteien mögen Italien nicht. Und wenn sie Italien nicht mögen, brauchen wir sie nicht", sagte der Vizepremier und Arbeitsminister nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.

Salvini fordert neue EU-Regeln

Vor Beginn der Großveranstaltung hat sich der italienische Innenminister und Chef der rechten Regierungspartei Lega, Matteo Salvini, erneut für eine Änderung der EU-Haushaltsregeln ausgesprochen. Diese seien ein "Käfig", der in Italien für hohe Arbeitslosigkeit verantwortlich sei.

"Es ist meine Pflicht, einige EU-Regeln zu überdenken, die geändert werden müssen. Ich will den Italienern Beschäftigung garantieren", sagte Salvini im Gespräch mit Journalisten in Mailand. Der Lega-Chef sprach sich für eine Steuersenkung in Italien aus, damit könne die italienische Wirtschaft wieder wachsen. "Wenn Italiens Wirtschaftsleistung um lediglich 0,2 Prozent pro Jahr zunimmt, wo kommen wir hin?", fragte Salvini. Italiens Beteiligung an der EU-Währungsunion stelle er nicht infrage, versicherte Salvini.

Löger rechnet mit klaren Aussagen

Der italienische Innenminister hatte am Mittwoch betont, dass die Regierung in Rom bereit sei, die Defizit-Regeln der EU zu ignorieren und die Verschuldung auf bis zu 140 von derzeit etwa 130 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung in die Höhe zu treiben, um die Konjunktur anzukurbeln.

Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) hatte am Donnerstag im Streit um das italienische Budgetdefizit betont, er rechne mit klaren Aussagen der Euro- und der EU-Finanzminister. Man könne die italienische Position nicht als Wahlkampf abtun. Es müsse klargestellt werden, dass Regeln einzuhalten seien, und es auch automatisierte Sanktionen gebe. (APA, 18.5.2019)