Barbara Kolm vom Hayek-Institut ist von den Blauen zur Vizepräsidentin der Oesterreichischen Nationalbank befördert worden. Ihr Vertrag läuft für fünf Jahre.

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Wien – Das Ibiza-Video und das Ende der türkis-blauen Koalition werden nicht nur Politiker um ihren Job bringen. Auch zahlreiche Manager, die die Blauen in den vergangenen eineinhalb Jahren seit ihrer Regierungsbeteiligung in diverse Posten staatsnaher Unternehmen und Institutionen gehievt haben, dürften um Amt und Macht zittern – oder zumindest um ihre Rückendeckung durch die freiheitlichen Machthaber. Denn auflösen lassen sich Verträge natürlich nicht so einfach – es sei denn, man greift tief in die Tasche, um die Verträge vor der Zeit zu lösen.

Ob Direktorium und Generalrat der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Österreichische Bundesbahn (ÖBB), staatliche Autobahnbetreibergesellschaft Asfinag, Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), Aufsichtsrat der neuen Staatsholding Öbag, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) oder Verfassungsgerichtshof (VfGH) bis hin zur Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit (Ages): Die bei Regierungswechseln üblichen Umfärbungen sind längst unter Dach und Fach, die FPÖ hat ihre Leute längst untergebracht.

Arnold Schiefer (FPÖ) ist vom Aufsichtsrat in den Vorstand der ÖBB übersiedelt.
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ÖBB und Asfinag umgefärbt

In der ÖBB wurde fast das gesamte Kontrollgremium von den Freiheitlichen besetzt, die ÖVP hatte ihnen de facto freie Hand gelassen. Wichtigste Person dabei: Arnold Schiefer (FPÖ), der zunächst als Aufsichtsratschef der Bundesbahn-Holding agierte und seit April dieses Jahres im Vorstand der Bahngesellschaft als Finanzchef tätig ist. Schiefer war zuvor in der ÖBB-Infrastruktur AG tätig gewesen, arbeitete unter der rot-schwarzen Regierung für die ungarische ÖBB-Güterverkehrstochter, wechselte 2015 quasi in die Finanzwirtschaft: in den Vorstand der Heta, der Abwicklungsgesellschaft der Hypo Alpe Adria. Der gebürtige Gmundner und frühere Mitarbeiter des freiheitlichen Landtagsklubs in Innsbruck hat schon viele Stationen hinter sich; unter Schwarz-Blau war er im Infrastrukturministerium gelandet. Bevor ihn FPÖ-Verkehrsminister Hubert Gorbach 2005 in die ÖBB holte, war er Aufsichtsrat der Asfinag.

Bei den staatlichen Autobahnbetreibern wurde im Vorjahr Peter Franzmayr als Präsident des Kontrollgremiums installiert – ein Burschenschafter, der schon in Aufsichtsratsgremien von Asfinag-Töchtern, staatlicher Austrocontrol und Austriatech Mandate innehatte. Bei den Autobahn- und Schnellstraßenfinanzierern der Asfinag war es ein Leichtes gewesen, blaue Vertrauensleute einzusetzen: Das rot-schwarze Managerduo war von sich aus gegangen. Nun sitzt neben dem schwarzen Josef Fiala der blaue Hartwig Hufnagl im Vorstand, einst Vizekabinettschef von Verkehrsminister Norbert Hofer. Auch die Austrocontrol bekam ihren Blauen: den Piloten Axel Schwarz, der praktischerweise auch Fluglehrer von Minister Hofer ist. Zudem erhielt Kathrin Glock, Ehefrau des Waffenindustriellen Gaston Glock, ein Aufsichtsratsmandat.

Neue Blaue in der Notenbank

Recht neu sind die Umfärbungen in der Nationalbank. Dort waren sie auch insofern easy, als die Verträge der bisherigen Direktoren inklusive Gouverneur Ewald Nowotny (SPÖ) heuer auslaufen. So rot-schwarz kariert, wie die OeNB proporzgemäß bisher war, so türkis-blau wird sie künftig sein. Gouverneur wird ab September der Ökonom, ehemalige Weltbanker und Pensionsexperte Robert Holzmann, der der FPÖ nahesteht beziehungsweise deren Vertrauen genießt. Vizegouverneur wird der ÖVP-Mann und Ökonom Gottfried Haber; die beiden "einfachen" Direktoren sind der schwarze Bundesfinanzierungsagentur-Manager Thomas Steiner und Eduard Schock. Er ist in Wien FPÖ-Stadtrat ohne Portefeuille, seit 1991 ist der Jurist, Wirtschaftswissenschafter und Burschenschafter (Aldania) bei der Bank Austria angestellt. Seinen Vertrag bei der Bank muss er erst auflösen.

Peter Sidlo ist nicht nur im Generalrat der Notenbank gelandet, sondern wurde auch Finanzchef der Casinos AG.
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Im OeNB-Generalrat, der für die Kontrolle und für Direktorenangelegenheiten zuständig ist, sitzen die FPÖler schon. Bekanntestes Mitglied (neben dem schwarzen Präsidenten Harald Mahrer) ist Vizepräsidentin Barbara Kolm. Die Hayek-Institutschefin ist durch Spenden ihr Nahestehender an die rechte EU-Parteiengruppierung Acre aufgefallen, was für hohe Wellen sorgt. Zudem haben die Freiheitlichen Peter Sidlo im Generalrat untergebracht, einen blauen Wiener Bezirksrat und bis 10. Mai (Eintragung im Firmenbuch) im Vorstand der sehr kleinen Investmentgesellschaft Sigma. Deren Eigentümer ist sein Schwager Markus Braun, der im ORF-Stiftungsrat auf einem FPÖ-Ticket sitzt. Sidlo wurde übrigens auch in den Vorstand der Casinos Austria AG berufen.

Abgang gesetzlich geregelt

Ob und wie abberufen wird, dafür gibt es allerdings gewisse Regeln. Ein Aufsichtsratsmitglied einer Aktiengesellschaft beispielsweise kann von der Hauptversammlung mit Dreiviertelmehrheit abgewählt werden. Im Fall der ÖBB wäre das ein Leichtes: Das Verkehrsministerium hat 100 Prozent der Stimmen. Bei einem Vorstand einer AG ist die Sache schon heikler: Hier bedarf es einer groben Pflichtverletzung, um die Chefs aus dem Amt zu hieven. Allerdings kann das gleiche Ergebnis auch durch einen Beschluss der Hauptversammlung erzielt werden, wenn sie dem Vorstand das Vertrauen entzieht.

In der Nationalbank ist das alles noch schwieriger. Ein Generalratsmitglied kann nur wegen einer schweren Verfehlung abberufen werden, eine einfache Abwahl durch die Eigentümer ist also nicht möglich. Ähnliches gilt für das Direktorium, das wie der Generalrat nur bei schwerer Verfehlung in die Wüste geschickt werden kann.

Dass es überhaupt noch vier Posten im OeNB-Direktorium gibt, ist dem ehemaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache zu verdanken. Denn eigentlich wollte die ÖVP das Gremium auf drei Vorstandsposten reduzieren – weil ja die Bankenaufsicht in die Finanzmarktaufsichtsbehörde FMA übersiedelt wird (wenn das jetzt noch so kommen sollte). Gegen dieses Vorhaben protestierte Strache in einer SMS heftig – das werde "unsere Macht schwächen. Wie sollen wir einen 4. Direktor argumentieren, wenn dieser keine Arbeit mehr hat? Sonst muss der zweite Direktor auch von uns sein", schrieb er – und sendete die SMS irrtümlich auch an den Falschen, sodass sie per "Krone" öffentlich wurde.

Machtumbau in FMA

Strache setzte sich dann aber durch, die OeNB hat weiterhin ihre vier Direktoren. Und auch bezüglich der Übersiedlung der rund 175 Bankenaufseher in die FMA ist alles auf Schiene, das Gesetz für die Aufsichtsreform ist auf dem Weg in den Nationalrat, die Begutachtungsfrist ist vorbei. Mit der Reform wird auch die FMA völlig umstrukturiert: Statt zwei Vorstandsmitgliedern – derzeit sind das der rote Helmut Ettl und der schwarze Klaus Kumpfmüller – soll es künftig nur noch eines geben, ihm sollen drei sogenannte Exekutivdirektoren zur Seite gestellt werden. Ettl soll per Gesetz abmontiert werden; Ende des Jahres.

FMA-Vorstand Helmut Ettl (SPÖ, links) soll Ende des Jahres per Gesetz aus der Aufsichtsbehörde gekippt werden. Sein Kollege Klaus Kumpfmüller (ÖVP) dürfte bleiben.
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Dass mit der Reform das Vieraugenprinzip abgeschafft wird, sorgt für viel Aufregung, die Regierung und Kumpfmüller (der wohl bleiben wird) argumentieren aber anders. Alle Entscheidungen des Alleinvorstands sollen gemeinsam mit einem Exekutivdirektor getroffen werden, heißt es. Wie das genau gehen soll – der Exekutivdirektor ist dem Vorstand unterstellt –, werde man in der Geschäftsordnung regeln, sagte Kumpfmüller bei der jüngsten Bilanzpressekonferenz.

Aufsichtsreform unsicher

Die große Frage ist nun aber: Kommt die umstrittene Aufsichtsreform überhaupt? Bekommt die ÖVP die FPÖ-Stimmen für das Aufsichtsgesetz? Politikinsider sind da sehr skeptisch und glauben nicht, dass das Gesetz noch vor den Neuwahlen beschlossen wird. Stimmt die FPÖ nämlich für die Gesetzesreform, beschneidet sie ihre gerade erst erkämpfte Macht in der Notenbank, immerhin sind die Direktoren für sechs Jahre bestellt.

Ein fertiges Aufsichtsgesetz nicht beschließen? Neu wäre das nicht. Auch 1999 hatte die damalige Bundesregierung eine Aufsichtsreform beschlossen, die Beamten im Finanzministerium, die gemäß damaligem Vorhaben in die OeNB übersiedeln sollten, hatten quasi schon ihre Zimmer in der OeNB ausgesucht. Das Gesetz war bereits in der Zweiten Lesung – als es auf Eis gelegt wurde. Man wartete die Nationalratswahl am 3. Oktober 1999 ab – mit dem Erfolg, dass die geplante Reform so nicht kam. Stattdessen wurde 2002 die FMA gegründet.

Rechtsanwalt Michael Rami wurde Richter am Verfassungsgerichtshof. Er hat, unter vielen anderen, Heinz-Christian Strache vertreten.
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VfGH-Jobs sind sicher

Felsenfest sind die Jobs jener, die von den Freiheitlichen als "Mitglieder" (also Richter) in den Verfassungsgerichtshof geschickt wurden. Neu sind der Wiener Anwalt Michael Rami und der Linzer Uni-Professor Andreas Hauer. Rami hat unter anderen Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache vertreten; erst nach rund einem Jahr im VfGH hat er dieses Mandat beendet. Hauer, Mitglied der deutschnationalen Burschenschaft Corps Alemannia Wien zu Linz, ist öffentlich durch eine Aussage über den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aufgefallen. Dieser sei für die "multikriminelle Gesellschaft mitverantwortlich", hatte er gemeint. Der Verfassungsrichter-Job ist ein recht sicherer, Richter bleibt man bis zum 70. Lebensjahr. (Renate Graber, Andreas Schnauder, 19.5.2019)