Mal stehen sie, mal liegen sie irgendwie, irgendwo: Immer mehr E-Scooter prägen das Bild größerer Städte, das von Wien genauso wie Berlin, Paris oder San Francisco. Ein Geschäft ist es für Verleiher noch nicht.

Foto: APA / Techt

Wien – Plötzlich waren sie da, die E-Scooter. Erst vereinzelt, dann immer mehr, mittlerweile an fast jeder Straßenecke – zumindest in den größeren Städten. Allein in Wien rittern mittlerweile acht verschiedene Verleihunternehmen um die Gunst eines zumeist jugendlichen oder zumindest junggebliebenen Publikums.

Die Verleihunternehmen haben unterschiedlich hohe Einnahmen; wirklich Geld verdient aber noch keiner der Beteiligten, auch international nicht. Das hat diverse Gründe, wie das Beratungsunternehmen Boston Consulting Group (BCG) jetzt in einer Studie erhoben hat.

Demnach ist ein E-Scooter nach durchschnittlich drei Monaten kaputt. Das liegt daran, dass die Elektroroller ursprünglich für den Privatgebrauch konzipiert wurden, nicht für den Verleih, heißt es in der Studie, die dem STANDARD vorliegt. Durch die hohe Beanspruchung sowie Vandalismus verkürze sich die Lebenszeit der Roller dramatisch. Trotz vergleichsweise niedriger Beschaffungskosten dauere es in der Regel an die vier Monate, bis ein Verleiher mit dem E-Scooter Geld verdiene. Kosten für Marketing, Gebäude und Personal sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Mühevolles Einsammeln

Einmal angeschafft, fallen die meisten Kosten beim täglichen Betrieb der E-Scooter für das Einsammeln und Laden der Geräte an. Typischerweise meistens nachts, wenn sie am wenigsten gebraucht werden, lassen Verleihfirmen die über das Stadtgebiet verstreuten Elektroroller einsammeln, an einer zentralen Stelle aufladen, wenn notwendig, auch reparieren, und wieder verteilen, damit sie am Folgetag von zahlenden Kunden benutzt werden können.

Weil das teuer ist, versuchen manche Verleiher durch Auslagerung eines Teils dieser Tätigkeiten zu sparen. Manche zahlen Nutzern einen Betrag in bar oder in Form von freien Fahrminuten, wenn sie den E-Scooter über Nacht zu Hause aufladen und morgens wieder auf die Straße stellen.

Es habe bereits Verbesserungen gegeben, sagen die Studienautoren. Weitere könnten bald folgen, beginnend bei stärkeren Batterien, die ein selteneres Aufladen möglich machen, bis hin zu einer robusteren Bauweise der Roller.

Tatsächlich Gewinne abwerfen könnten E-Scooter, wenn sie für Verleiher etwa ein halbes Jahr zur Verfügung stünden, meinen die Studienautoren. Durch größere Produktionszahlen sollten auch die Beschaffungskosten weiter sinken, was die Profitabilität der einzelnen Verleihfirmen deutlich verbessern könnte.

Video-Reportage: Schnelles Geld mit E-Scootern?
DER STANDARD

Dicke Geldpolster nötig

Boston Consulting schätzt, dass der Verleihmarkt für batteriebetriebene Roller im Jahr 2025 weltweit 40 bis 50 Milliarden Dollar (35,7 bis 44,6 Milliarden Euro) schwer sein wird und dass Europa sowie die USA mit jeweils zwölf bis fünfzehn Milliarden Dollar größenordnungsmäßig in etwa gleichauf liegen werden. China allein dürfte auf ein Marktvolumen von 6,8 Milliarden Dollar kommen.

Die größten Unternehmen im E-Scooter-Verleihgeschäft sind durchwegs mit einem dicken Geldpolster im Rücken gestartet. Frontrunner Bird aus Santa Monica ist es beispielsweise gelungen, von Investoren 415 Millionen Dollar (372 Millionen Euro) einzusammeln; das Unternehmen Lime, das ursprünglich mit dem Verleih von Rädern gestartet ist, konnte sogar 765 Millionen Dollar lockermachen. Viele andere Start-ups haben zwischen 22 Millionen (Wind) und 82 Millionen Dollar (Voi) aufgebracht.

Bezeichnend sind auch die Strecken, die von E-Scooter-Nutzern zurückgelegt werden. Typischerweise werden Elektroroller für Distanzen zwischen einem halben und vier Kilometern benützt, was etwa fünf bis 45 Gehminuten entspricht. 35 Prozent aller Fahrten fallen kürzer als zwei Kilometer aus. Rollersharing ist günstiger als Carsharing, und man erspart sich die Suche nach einer freien Parklücke, streichen die Studienautoren die Vorteile von E-Scooter-Sharing heraus.

Dass sich um E-Scooter herum ein kompletter Verleihgeschäftszweig mit vielen Ablegern gebildet hat, ist ein junges Phänomen. Pionier war das US-Unternehmen Bird, das 2017 im kalifornischen Santa Monica an den Start ging. Kurz darauf zeigte Lime in San Francisco auf. Beide haben inzwischen viele Ableger, auch in Wien.

Neben den US-Firmen sind weitere E-Scooter-Verleiher in Wien aktiv: Tier, Wind und Flash (alle drei aus Berlin) und Hive, ein Joint Venture von Daimler und BMW. Voi aus Stockholm ist zwar auch schon für Wien gelistet, überlegt aber noch wann. Das einzig österreichische Unternehmen, Arolla aus Wels, hat ebenfalls Kurs auf Wien genommen. (Günther Strobl, 20.5.2019)