Übernahmeziel von Rot, Schwarz und nun auch Blau: Österreichs reichweitenstärkste Zeitung.

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"Unabhängig" steht seit Jahrzehnten gleich im Logo der Kronen Zeitung, des größten und mächtigsten Meinungsmediums im Land. "Parteiunabhängiges österreichisches Tagblatt" nannte sich die Zeitung schon bei ihrer Wiedergründung als Illustrierte Kronen Zeitung am 11. April 1959. Dabei ermöglichte ein SPÖ-Mann Hans Dichand und Kurt Falk diesen Zeitungsstart.

Franz Olah, Gewerkschaftschef und später Innenminister, besicherte einen Kredit mit Sparbüchern der Gewerkschaft. Ein Geschäftsmann in Frankfurt – Ferdinand Karpik – hielt offenbar als Strohmann für Olah Anteile.

Roter Financier

Nach Olahs Sturz und Parteiausschluss versuchte die SPÖ die Anteile an der Kronen Zeitung auf dem Gerichtsweg zu übernehmen. Am 23. Februar 1966 unterstellte ein Gericht den Verlag einem öffentlichen Verwalter, Dichand und Falk mussten die Redaktion verlassen. Nach 46 Stunden wurde der Gerichtsbeschluss wegen eines formalen Details aufgehoben, die beiden Krone-Bosse kehrten zurück und titelten "Das Recht hat gesiegt!".

In Prozessen gegen Olah erklärten Dichand, Falk und Strohmann Karpik 1969, sie hätten die Krone-Anteile selbst und nicht treuhänderisch gehalten. Dabei tauchten in einem der Verfahren Treuhandverträge Dichands und Falks auf. Ein Gewerkschaftssekretär sagt vor Gericht aus, das seien keineswegs nur Entwürfe gewesen.

Schwarzes Atout

Die Kronen Zeitung überholt noch in den späten 1960er-Jahren den Kurier und wird Nummer eins unter Österreichs Tageszeitungen.

Profil-Herausgeber Peter Michael Lingens schilderte 1973 im Nachrichtenmagazin in einer Artikelserie minutiös, wie SPÖ und auch ÖVP um Macht und Anteile bei der Kronen Zeitung pokerten.

Etwa Ludwig Piatnik aus der österreichischen Spielkartendynastie. Er versuchte mit seinem Parteifreund, Piatnik-Gesellschafter und langjährigen ÖVP-Abgeordneten Leopold Helbich, seit den 1950ern schon stiller Gesellschafter des Kurier, das große Kleinformat zu übernehmen.

1970 besuchte Piatnik Franz Olah im Gefängnis – eine Parteispende an die FPÖ, vorbei an Gewerkschaftsgremien, hatte zur Verurteilung Olahs wegen Unterschlagung geführt. Olah bestätigte Piatnik, er besitze die gesamten Anteile am Krone-Verlag, sei bereit, sie Piatnik abzutreten. Olah forderte Dichand und Falk auf, Piatnik ohne Verzug Folge zu leisten. Strohmann Karpik drohte den beiden Krone-Bossen, auf Herausgabe ihrer Anteile zu klagen.

Der entschlossene Verhandler Falk brachte Olah dazu, seine Erklärungen zu widerrufen. Das kaum noch überblickbare Gewirr von Klagen und Gegenklagen endete mit einem großen Vergleich. Das könnte auch daran gelegen sein, dass Falk mit Vernichtung oder feindlicher Übernahme des Kurier drohte.

"Krone" und "Kurier" vereint

Falk verkaufte seine inzwischen 50 Prozent Krone-Anteile 1987, an Bord kam die Essener WAZ-Grupppe (heute Funke Mediengruppe). Unter ihrer Regie legten Krone und Kurier ihre Verlage in der Mediaprint zusammen. Und der knappe Mehrheitseigentümer des Kurier, der der ÖVP sehr nahe stehende Raiffeisen-Konzern, sehnte sich seither vielleicht noch mehr nach einer Beteiligung an der Kronen Zeitung. Die Funke-Gruppe hatte übrigens Krone-Mitgesellschafter Hans Dichand eine Beteiligung am Kurier versprochen, beklagte sich Dichand später einmal bei den deutschen Miteigentümern.

Besonderes Interesse an der Krone zeigte Christian Konrad, bis 2012 langjähriger Raiffeisen-Boss und Architekt der Raiffeisen-Mediengruppe um den Kurier und die ORF-Sendertochter ORS.

Faymann gegen Raiffeisen

So spürbar ist das Interesse Konrads, dass sich im Sommer 2010, wenige Tage nach dem Tod von Krone-Gründer und -Hälfteeigentümer Hans Dichand, eine illustre Runde im Ringturm der Wiener Städtischen trifft, um den bürgerlichen Einstieg zu verhindern: Werner Faymann, Kanzler und SPÖ-Chef, Josef Ostermayer, Medienstaatssekretär, Faymanns ehemaliger Pressesprecher Wolfgang Jansky, der 2004 ohne Zeitungserfahrung die Gratiszeitung Heute gegründet hat, und der Steuerberater Günther Havranek – sie leiten jene Stiftung, die eine Mehrheit an dem Gratisblatt hält. Dichands Schwiegertochter Eva ist dort Herausgeberin und über eine weitere Stiftung beteiligt. Thema im Ringturm: einen Einstieg Raiffeisens bei der Krone zu verhindern und dafür SPÖ-nahe Verlage am Kleinformat zu beteiligen. Finanziert von der Wiener Städtischen, deren damaliger Chef auch mitredet, und der Erste Bank.

Weder Raiffeisen noch rote Verlage kommen zum Zug – die Krone bleibt bei den verfeindeten Eigentümern Dichand und Funke. Ihnen gehört die Krone auch im Sommer 2017, als FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf Ibiza von völliger Kontrolle einer (vermeintlich) russischen Oligarchin über die Krone träumt, dort drei, vier Leute rauswerfen und drei, vier an die Ruder bringen möchte. Richard Schmitt, krone.at-Chef, könne man vertrauen, sagt Strache. Nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos wurde rasch über einen Rauswurf Schmitts gerüchtet – bei der Krone verneint man das auf Anfrage.

Benko und Kurz

Strache spricht 2017 feuchtfröhlich über den Wiener Investor Heinrich Pecina und dessen angeblichen Zugriff auf die Funke-Anteile an der Krone.

Der Essener Medienkonzern holt ein Jahr darauf einen anderen Investor an Bord seiner Medienbeteiligungen in Österreich: Immobilienmilliardär René Benko. Dem wird ein sehr guter Draht zu Bundeskanzler Sebastian Kurz nachgesagt. Falls Benko Kurz mehr Einfluss auf die Krone sichern soll, dann ging das zunächst einmal schief: Benkos Einstieg kühlte die Begeisterung des Kleinformats für Kurz zumindest vorübergehend stark ab. (Harald Fidler, 20.5.2019)