Den ProCeed, diesen Lifestyle-Kombi mit extremer Coupélinie, gibt es ausschließlich in den sportiven Ausstattungslinien.

Foto: Andreas Stockinger
Grafik: der Standard

Schönheit liegt hier nicht nur im, sondern auch vor dem Auge des Betrachters.

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Der Innenraum des ProCeed GT.

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Der ProCeed hat einen klug durchdachten Kofferraum, mit Schienen und Raumteilern zur Bändigung der dort hinein verfrachteten Inhalte.

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Wie mag das klingen, wenn den jungen Auhirsch die erste Brünftigkeit anfällt, sein erster Röhrversuch? Hört sich vielleicht ähnlich dem an, was der ProCeed GT von sich gibt. So gar gekünstelt, so gar gewollt, so gar noch nicht echt. Und leider, man kann es nicht wegschalten – es steigert sich im Sport-Modus sogar noch.

Das wäre der eine Kritikpunkt, ein halber folgt gleich noch. Denn der 1,6-Liter-Turbo, dem Kia diese unwürdige Geräuschkulisse aufzwingt, ist sonst ein durchaus properer Geselle. 204 PS. Zuletzt hatten wir einen 1,6er mit 225 PS getestet, im Peugeot 508 SW, jetzt einen mit 21 Pferden weniger. Damit reißt man zwar keine Bäume aus, wie man das womöglich erwarten würde bei einem Auto, auf dem vielfach GT draufsteht, greift aber doch munter an. Durchschnittsverbrauch? Im Langzeitschnitt bei Kilometerstand 8100 laut Bordcomputer 8,6 l / 100 km. Kein Sparwunder, kein Säufer.

Doppelkupplungsgetriebe

Wo wir schon im Fahrkapitel sind. Das Doppelkupplungsgetriebe passt gut zu Maschine und Auto, und das straff abgestimmte Fahrwerk betont noch mal: GT. Allerdings, und das wäre der halbe Kritikpunkt, zeigt sich bei höherem Tempo eine gewisse Tendenz zum Pumpern, Poltern, was uns, weil weicher abgestimmt, bei 5-Türer und Kombi nicht aufgefallen war. Wenn, dann haben die Koreaner in dem Punkt noch ein klein wenig aufzuholen gegenüber Europas Klassenbesten.

Nichts aufzuholen gibt es beim Design. So ein schönes Auto aber auch. Der ProCeed schenkt dir ein Lächeln und reicht es dann an die anderen weiter. Ein Beitrag zur Hebung des ästhetischen Niveaus im öffentlichen Raum, und zwar ohne jede stilistische Sollbruchstelle – wie sie der Mercedes CLA Shooting Brake in erster Generation reichlich aufwies.

Sonderfall Shooting Brake

Man muss Kia weiters gratulieren zur Beharrlichkeit, sich an Konzepte zu wagen, die aus Rentabilitätsgründen sonst kaum wer angreift. Schon mit dem Kombi ist es ja so eine Sache. Der verkauft sich nur in Europa, vor allem in des alten Erdteils Mitte. Rest der Welt: Kombi? Wie? Was? Jetzt noch ein Shooting Brake. Gab es in der Größenordnung bisher nur von Mercedes, gibt es vom neuen CLA wieder, diesmal, wie den Kia, sogar in fesch. Der ProCeed ist also fast ein Solitär, die beiden anderen SBs spielen in einer ganz anderen Liga: CLS und Panamera.

Wobei, Porsche, schon witzig: Kia greift von denen gewisse Details ab wie das dreidimensional geformte, (beim Kia nur fast ganz) durchgehende Leuchtenband hinten und die Vierpunktlichtoptik bei den LEDs vorn. Majestätsbeleidigung? Iwo. Lustig halt.

Raumangebot

Es sitzt sich fein in diesem Auto, Platz ist da, wenn auch nicht zu üppig hinten, und die Landschaft vorm Volant ist sauber und aufgeräumt. Praktischer Nutzen? Zweigeteilt. Einerseits hat der ProCeed einen klug durchdachten Kofferraum, mit Schienen und Raumteilern zur Bändigung der dort hinein verfrachteten Inhalte. Andererseits signalisiert der sehr niedrige, flache Zugang sogleich: Für sperriges Zeugs bin ich gesperrt.

Wer so was sucht, greife zum Kombi. Denn der ProCeed ist ein klassisches Nischenfahrzeug. Den kauft man mit Auge und Gemüt – und freut sich, dass er auch sonst noch ordentlich was kann. (Andreas Stockinger, 22.5.2019)