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Der Zeitpunkt könnte nicht günstiger sein. Pünktlich zum Ende von Game of Thrones wartet schon das nächste Serienspektakel mit Winterfell-Flair: Umberto Ecos Historienkrimi Der Name der Rose soll die heimatlos gewordenen Fantasy-Fans mit wohliger Kälte und beruhigendem Schneeflockengeriesel auffangen. Ecos vielschichtiger Historienkrimi war besonders 1986 als Kinofilm ein Hit. Sean Connery, Cristian Slater, Helmut Qualtinger und auch Ron Perlman sorgten für Grusel im Mittelschiff.

Die achtteilige Neuauflage produzierten die italienische Rai und Tele München. Als Budget wurden 26 Millionen Euro angegeben. Sie stecken vor allem in der ikonenhaften Kulisse, die nicht zuletzt die Filmversion für sämtliche Mittelalterkrimis danach prägte: die Trutzburg im Dämmerlicht, im Inneren flackernde Kerzen, finstere Verließe, geheime Schriften und Menschen, die für den Erhalt ihrer Machtinteressen auch Morde begehen. Keine ehrenwerte Gesellschaft!

Ein abscheuliches Verbrechen beschäftigt William Baskerville (re.) und seinen Gehilfen Adson.
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Licht in dieses moralisch verkommene Höllennest will ein Franziskanermönch mit dem detektivischen Spürsinn eines Hercule Poirot bringen. William Baskerville deckt die Verschwörung auf, geholfen wird ihm von "Grünschnabel" Adson von Melk (Damian Hardung). William Baskerville spielt John Turturro, der Ecos Buch davor nicht kannte.

Turturro: Ich habe einige von Ecos Romanen und Essays gelesen, ich hatte Der Name des Rose in meinen Bücherregalen wie die meisten, aber ich habe es nie gelesen. Als die Idee zur Fernsehserie kam, vertiefte ich mich in das Buch und war überrascht, wie reich es ist und wie sehr es mit der Welt verbunden ist, in der wir heute leben.

STANDARD: In einem Interview sagten Sie, Bedingung für Ihr Mitwirken war "mehr Eco". Warum war das wichtig?

Turturro: Ja, das stimmt. Der Name der Rose ist ein Buch über Männer, aber auch ein Buch über Bücher, über Texte. Eco ist ein Meister der Sprache und Experte darin, Argumente zu entwickeln. Zu versuchen, alles umzuschreiben oder zu viel aus dem Buch zu streichen, wäre töricht gewesen. Natürlich mussten einige Dinge bearbeitet oder modifiziert werden. Aber wann immer ich Zweifel über eine Szene hatte, kam ich auf das Buch zurück. Eco gibt nicht alle Antworten auf die Rätsel sofort, er sagt nicht, was als Nächstes passiert. Ich wollte sicherstellen, dass dies auch im Skript enthalten ist.

STANDARD: Und wo sehen wir mehr Eco?

Turturro: Genau wie das Buch ist auch unsere Geschichte nicht nur eine Detektivgeschichte, sondern reichhaltiger. Es ist eine historische Fiktion, eine philosophische Geschichte, ein mittelalterliches Geheimnis. Wir vertrauten Ecos Worten.

STANDARD: Wie gingen Sie mit der Tatsache um, dass es nicht nur eine berühmte Buchvorlage gibt, sondern einen prägenden Film mit Sean Connery?

Turtorro: Ich habe den Film ehrlich gesagt noch nie gesehen und halte es auch für nicht notwendig. Das Buch sagt mir alles, was ich über William Bescheid wissen muss. Ein zweistündiger Film würde mir eine Interpretation von William zeigen und hätte mir nicht geholfen. Die Herausforderung für einen Schauspieler ist es, einen eigenen Charakter zu schaffen. Ich liebe Sean Connery, aber ich wollte ihn in dieser Rolle nicht sehen und später löschen müssen. Ich fand es sinnvoller, mit Eco zu beginnen und den Charakter darauf aufzubauen.

STANDARD: Was hat Ecos Buch für Sie mit der heutigen Zeit zu tun?

Turturro: Ich interessiere mich natürlich sehr für die Geschichte, woher wir kommen, um ein besseres Verständnis der Welt zu bekommen, in der wir jetzt leben. In diesem Sinne ist das Buch von Eco immer noch sehr relevant. Die Intoleranz und die Angst vor Wissen, vor Wissenschaft, die im Mittelalter existierten, das alles gibt es noch heute. Es gibt bekanntlich aktuelle Führungskräfte, die den Klimawandel als Schwindel bezeichnen.

STANDARD: Was reizt Sie am historischen Stoff?

Turturro: Eine historische Rolle zu spielen bedeutet auch, dass man sich mit der Zeit auseinandersetzt, in der der Stoff spielt. Ich lerne, und das finde ich als Prozess sehr interessant. Ich habe viel über den Franziskanerorden gelernt, als ich mich auf den Charakter von William Baskerville vorbereitet habe. Dazu gibt es fantastische Kostüme und ganz unglaubliche Schauplätze.

Trailer zur Sky-Serie "Der Name der Rose".
Concorde Movie Lounge

STANDARD: Im Fall von Der Name der Rose war das Rom in Cinecittà.

Turturro: Wir haben viel Zeit dort verbracht und Außenszenen mit Kunstschnee gedreht.

STANDARD: Schwierig?

Turturro: Wir hatten viel schlechtes Wetter, aber am schwierigsten war die Textarbeit. Wir wollten den richtigen Ton für meine Charakter und jenen der anderen finden und viel von Eco beibehalten. Wir haben viel zusammen geprobt und das auch während der Dreharbeiten getan.

STANDARD: Bevorzugen Sie Filme oder Serien?

Turturro: Gute Frage, ich spiele gern in Filmen, und ich habe sehr gute Erfahrungen mit Serien. In Serien zu spielen ist eine tolle Erfahrung, weil man die Figuren in verschiedenen Facetten erforschen kann.

STANDARD: TV-Produzenten lieben Remakes. Was würden Sie sagen, wenn Sie nach The Big Lebowski als TV-Serie gefragt würden?

Turturro: The Big Lebowski als TV-Serie würde nicht funktionieren, denn das Genie des Films ist die Besonderheit der Sprache und der Mangel an Ehrgeiz der Charaktere. Ich denke, es funktioniert in einem Zweistundenformat. Ich will nicht behaupten, es wäre unmöglich, aber es ist für mich schwer vorstellbar. (Doris Priesching, 21.5.2019)