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Das wahre Äußere des Lockvogels von Ibiza ist der Öffentlichkeit nicht bekannt. Berühmte Fälle aus der Spionagegeschichte zeigen, dass gängige Filmklischees gar nicht weit hergeholt sind.

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Wenn Tom Cruise in der Spionagefilmreihe Mission Impossible auf Verbrecherjagd geht, hat er nicht selten einen Knopf im Ohr, der ihn mit einem der Sache dienenden Lockvogel verbindet. Kollege James Bond muss sich dieser Spezies, meist aus den feindlichen Reihen, erwehren. Macho, der er ist, geht Bond gern noch einmal auf Tuchfühlung, ehe er die Falle letztlich doch erkennt. Nicht ohne Grund plagt 007 notorisches Misstrauen gegenüber dem weiblichen Geschlecht.

Ein bisschen wie James Bond mag sich in der schwülen Sommerhitze 2017 auf der Partyinsel Ibiza auch Heinz-Christian Strache gefühlt haben. Sein Lockvogel, dessen Erscheinung der Öffentlichkeit noch nicht bekannt ist, wurde vom FPÖ-Chef selbst hinlänglich beschrieben: "Bist du deppert, die is schoaf", raunte er Kumpan Johann Gudenus zu. Dabei hätte Strache in seiner Scharfsinnigkeit die ihm gestellte Falle beinahe noch gewittert: Als "gar nicht oligarchinnenlike" erkannte er die schmutzigen Zehennägel der falschen Oligarchennichte.

Abgesehen davon hat sich der Lockvogel keine Fehler geleistet. Nach altbewährter Geheimdienstmethode erfolgt das Herantasten an das Ziel (Strache) über einen Vertrauensmann (Gudenus). Anflüge von Skepsis werden kaschiert durch gekonntes Schauspiel und die optischen Reize des Lockvogels. Die Erkenntnis, dass gerade mächtige Männer verwundbar sind, sobald das Hirn in die Hose rutscht, ist so alt wie die Geheimdienste selbst.

Bewährt von Mata Hari bis Anna Chapman

Ursprünglich meint die Lockvogelmethode eine Jagdtechnik, bei der künstliche Vögel als Köder zum Einsatz kommen. Die Verblendungskünste schöner Frauen nützten Dienste zu allen Zeiten: von der legendären Tänzerin und Doppelagentin Mata Hari um 1900 bis zur 2010 enttarnten russischen Spionin Anna Chapman, später als Model im Einsatz.

Im investigativen Journalismus ist die Lockvogelmethode ethisch umstritten. Und doch wurde dadurch moralische Verlotterung österreichischer Politiker mehrfach offengelegt: 2011 ging ÖVP-EU-Mandatar Ernst Strasser einer verdeckt agierenden Journalistin wegen illegalen Lobbyings in die Falle; 2017 ließ sich FPÖ/BZÖ/Team-Stronach-Mann Robert Lugar von einer Schauspielerin locken, hinter der die Satiriker von Wir Staatskünstler steckten. Lugar äußerte in dem heimlich mitgefilmten Gespräch unter anderem Sympathien für eine Autokratie. Seinen Parteifreunden auf Ibiza hätte das eine Warnung sein können. (Stefan Weiss, 20.5.2019)