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Sport und Motorik sind gefragt, betonen Entertainmentanbieter. Doch der Wettlauf um die Freizeit der Kinder ist ein harter.

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Kinderbespaßung, sagt Klaus Mec, ist eine Milliardenindustrie. Drei Jahre lang reiste er im Banne von Vergnügungswelten um die Erde. "Niemand hat mehr Trampolinparks gesehen als ich. Es gibt keinen großen Betreiber, den ich nicht kenne", sagt er und erzählt von Messen in China, auf denen ganze Achterbahnen aus dem Boden gestampft und feilgeboten würden.

Mec, selbst kinderlos, fand den Markt rund um die Unterhaltung des Nachwuchses äußerst verlockend und bringt sich nun mit hohen Investitionen selbst ins Spiel. Gemeinsam mit Loran Pejcinoski, einem früheren Aluminiumhändler, holte er sich die europaweite Lizenz für den Erlebnispark Urban Air und verspricht damit eine rasante Expansion von Wien aus quer durch Südosteuropa.

Rund 30 Standorte will er in den kommenden fünf Jahren als Generalfranchisenehmer auf die Beine stellen und mit ihnen US-Mentalität nach Europa importieren. An ein Disney-Land sollten die Leute erinnert sein, "ich will nur tanzende und lachende Mitarbeiter".

Anfang in SCS

50 hat er schon. Am Rande der Wiener Shopping City Süd eröffnete jüngst der erste Indoorpark nach amerikanischem Vorbild in einer Traglufthalle. Mehr als 3,2 Millionen Euro lassen sich Pejcinoski und Mec ihr erstes Abenteuer rund um Trampoline, Kletterwände, Luftkissen und Dodgeball kosten. Im Endausbau sollen 100 Mitarbeiter Kinder ab sieben Jahren in der Bubble bespaßen.

Dass sich der Start deutlich verzögerte, lag an europäischen Lieferanten, die trotz hoher Pönalen nicht fristgerecht geliefert hätten, sagt Mec: Der Bedarf an diesen Anlagen sei international so enorm, dass die Industrie mit der Produktion nicht mehr nachkäme.

Einzelkämpfer gegen Ketten?

Er verhandle nun intensiv über ein zweites Projekt im Wiener Donauzentrum. Auch in Städten wie Bratislava zeichneten sich weitere Adventureparks ab. "Viele Einkaufscenter klopfen bei uns an."

Wie lassen sich die unzähligen, für die Expansion nötigen Millionen stemmen? Über Eigenkapital und Banken, Geld sei ausreichend vorhanden, versichert Mec. Dass sein Geschäftspartner Pejcinoski erst im April das Nobelrestaurant Lav am Wiener Graben nach nur einem Jahr Betrieb in die Insolvenz schickte, sei allein Altlasten geschuldet. "Urban Air ist für uns ein langfristiges Investment."

In der SCS kann man Urban Air schon testen.
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Die Marke wurde 2011 in Texas gegründet. Seither zogen die Franchisepartner des Konzerns in den USA 167 Standorte auf, die 2019 nach eigenen Angaben in Summe 42 Millionen Besucher zählten.

Wie Kinobranche

Mec vergleicht die Industrie mit der Kinobranche, in der lange Zeit Einzelkämpfer vorherrschten, ehe sie von Ketten überrollt wurden. Einst habe keiner glauben wollen, dass die Leute zu großen Kinocentern an den Stadtrand wechselten, sinniert er. Urban Air sei so etwas wie das Cineplexx der Abenteuerparks. Ketten würden sich bilden, die kleine unabhängige Betreiber verdrängten. "Es wird eine Marktbereinigung geben."

Mit einer Bereinigung rechnen auch andere Marktteilnehmer, allerdings unter unerfahrenen Neueinsteigern. Von Größenwahn ist in der Branche die Rede, von einer Blase, die platzen werde. Zu hoch seien die Kosten für Geräte, ihre Instandhaltung und das Personal, zu kompliziert sei das Geschäft.

Der Österreicher bezahle nicht dafür, seine Kinder spielen zu sehen, meint Klaus Christian Vögl, Chef der Freizeit- und Sportbetriebe in der Wiener Wirtschaftskammer. Gerade heiße Sommer seien für die Indoorszene der Super-GAU. Und der Klimawandel veranlasse Familien noch mehr dazu, ihre Freizeit nicht in Hallen, sondern im Freien zu verbringen. Zumal gerade Wien reich an öffentlichen Spielplätzen sei. Auch der Wiener Bogi-Park, einst verlängertes Wohnzimmer vieler Eltern, zog heuer die Reißleine und versteigerte sämtliches Inventar.

Vögl bezweifelt, dass viele Familien bereit sind, 20 Euro für die Stunde Unterhaltung ihrer Kinder auszugeben, und rechnet mit starkem Preisverfall, wie ihn auch die Fitnesscenterbranche durchlaufe. "Mittlerweile kann man hier ja um 15 Euro im Monat trainieren."

Trend aus England

Der Trend zu Indoorspielplätzen kommt aus England, erzählt Werner Noßal, der mit Family Fun größter Wiener Betreiber und Herr über zig Bällebecken, Kletterparcours, Rutschen, Trampoline und Labyrinthe ist. In jedem Dorf seien diese präsent und ermöglichten vor allem sozial schwächeren Familien mit kleinen Wohnungen Freiraum nach der Schule.

Österreich aber habe eine Fülle an Freizeitangeboten direkt vor der Haustür. Schon wenige Euro Eintritt hielten viele vor dem Weg in Indoorparks ab. "Hut ab, wer sich das als Glücksritter antut." Noßal arbeitete 30 Jahre in der Gastronomie, ehe er auf Kinderentertainment umsattelte. Heute berät er Anbieter in Asien und baut seinen Standort in Wien laufend aus, vor allem den Außenbereich und Anlagen für Sportprofis.

Er habe selbst viel Lehrgeld bezahlt, musste etwa im Donauzentrum erkennen, dass sich das Geschäft nicht lohne. "Wir sperrten nach vier Monaten wieder zu. Es gibt für diesen Markt kein Erfolgsrezept." Auch das Trampolin sei keines, sondern nur ein Trend, der rasch vorbeigehen könne.

"Reich wird man damit nicht", resümiert Peter Schaider, Chef des Wiener Auhofcenters. Er suchte für sein Einkaufszentrum Betreiber eines Indoorspielareals, fand jedoch, wie er sagt, keine seriösen. Also eröffnete er Tigers World mit einem Partner auf eigene Faust.

Mec ist davon überzeugt, die Investitionen in fünf Jahren zurückzuverdienen. Auch in Australien erlebten Indoorparks einen irren Boom, betont er: Je heißer es sei, desto mehr suchten Kinder klimatisierte Hallen. Eine Herausforderung sei nur, Urban Air bekannter zu machen. Manch einer habe in der Bubble in Vösendorf bisher eher einen Eislaufplatz oder eine Cannabis-Fabrik vermutet. (Verena Kainrath, 22.5.2019)