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May verkündet in London ihren Rücktritt.

Foto: Reuters/HANNAH MCKAY

London – Die britische Premierministerin Theresa May hat am Freitag angekündigt, am 7. Juni als Tory-Parteichefin zurückzutreten. Ihre Tage als Premierministerin sind damit ebenfalls gezählt. Bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden ist, wird sie aber im Amt bleiben.

Sie werde am 7. Juni zunächst ihren Posten als Chefin der Konservativen Partei räumen, um den Weg freizumachen für die Wahl eines Nachfolgers. Es sei im besten Interesse des Landes, wenn ein anderer Premierminister Großbritannien aus der EU führe.

Bei ihrer emotionalen Rede vor der Downing Street 10 in London betonte sie, dass sie ihr Bestes gegeben habe, um den Brexit durchzuführen. "Ich habe alles getan, was ich konnte, um die Abgeordneten von dem Deal zu überzeugen. Leider habe ich es nicht geschafft", sagte sie. Es sei die "Ehre ihres Lebens" gewesen, die zweite Frau in diesem Amt zu sein, "aber sicher nicht die letzte".

Am Ende ihrer Rede konnte May Tränen nicht zurückhalten.
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Der parteiinterne Prozess um ihre Nachfolge soll May zufolge in der Woche ab dem 10. Juni beginnen. Das Rennen um den Parteivorsitz dürfte einige Wochen dauern. Als Nachfolger wird unter anderen Ex-Außenminister und Brexit-Hardliner Boris Johnson gehandelt.

Die aktuellen Wettquoten auf Theresa Mays Nachfolge.

May verteidigte kurz davor noch ihre jüngsten Pläne für den EU-Austritt im Parlament. "Wir müssen den Brexit durchziehen", sagte sie am Mittwoch in London. Unterdessen wurden die Rücktrittsforderungen immer lauter, auch in den eigenen Reihen.

Die vierte Abstimmung

Mays Position galt schon lange als wackelig. Sie stand von mehreren Seiten massiv unter Druck – nicht zuletzt von EU-freundlichen Abgeordneten und Brexit-Hardlinern in ihrer eigenen Partei. Auch das Land blieb während der beinahe drei Jahre seit dem EU-Referendum tief gespalten in Befürworter und Gegner des Brexits.

In ihrem monatelangen Bemühen um eine Mehrheit für ihren Austrittsvertrag hatte May den Abgeordneten zuletzt eine Reihe von Kompromissen unterbreitet, die von Abgeordneten aller Parteien beinahe durchgängig kritisiert wurden. In Regierung und Partei wurden die Forderungen nach einem Rücktritt daraufhin immer lauter.

Labour-Chef Corbyn fordert Neuwahl

Der Chef der Oppositionspartei Labour, Jeremy Corbyn, nannte Mays Ankündigung einen "richtigen Schritt". Mays gespaltene Partei könne nicht das Land regieren. Er forderte abermals Neuwahlen. Mays Außenminister, der Konservative Jeremy Hunt, zollte seiner Noch-Chefin Respekt. "Es war immer klar, dass der Vollzug des Brexits eine schwere Aufgabe ist", erklärte er auf Twitter.

Die EU-Kommission machte nach der Rücktrittsankündigung klar, dass sich die Position zum Brexit nicht verändert. Kommissionschef Jean-Claude Juncker würdigte May als "Frau von Mut". Er wolle weiter mit ihr in Kontakt bleiben, sagte eine Kommissionssprecherin.

Mays Amtszeit als Premierministerin wird wohl eine der kürzesten in der britischen Geschichte seit 1900 sein, wie die BBC vorrechnet. Wahrscheinlich werden nur fünf Regierungschefs – von knapp 30 – kürzer als sie im Amt gewesen sein.

(red, APA, 24.5.2019)