Die Artenzusammensetzung von planktonischen Foraminiferen aus der Vergangenheit wird im Sediment gespeichert.

Foto: Credit: MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen; M. Kucera

Dass der menschengemachte Klimawandel auch die Ökosysteme der Ozeane nachhaltig beeinflusst, wird mittlerweile kaum mehr mehr angezweifelt. Aktuelle Beweise dafür haben nun deutsche Forscher geliefert, indem sie rezente Gemeinschaften marinen Planktons mit jenen aus vorindustrieller Zeit verglichen haben.

Die Resultate zeigen: Das marine Plankton hat sozusagen das Anthropozän erreicht. Als eindeutigen Beleg dafüt haben die Forscher des MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen sowie des Instituts für Chemie und Biologie des Meeres der Universität Oldenburg die Zusammensetzung fossilen Planktons (Foraminiferen) in Sedimenten aus der vorindustriellen Ära mit der aus neuerer Zeit verglichen. Ihre Ergebnisse hat das Team im Fachjournal "Nature" veröffentlicht.

Vergleich zwischen heute und damals

Planktonische Foraminiferen sind Kleinstlebewesen, die an der Oberfläche der Ozeane leben. Sterben sie, lagern sich ihre Kalkgehäuse in Meeresbodensedimenten ab. Solche fossilen Foraminiferen dokumentieren den Zustand der Ozeane, bevor der Mensch begonnen hat, das Klima zu beeinflussen. Der heutige Zustand ist wiederum in Proben aus Sinkstofffallen der vergangenen 50 Jahre abgebildet. Durch den Vergleich von fossilen und modernen Lebensgemeinschaften der Foraminiferen können Wissenschafter abschätzen, wie sehr sich das Plankton seit der Industrialisierung verändert hat.

Für ihre Studie haben Lukas Jonkers und Michal Kucera vom MARUM an der Universität Bremen sowie Helmut Hillebrand vom Institut für Chemie und Biologie des Meeres (ICBM) der Universität Oldenburg über 3.700 Datensätze aus Sedimenten aus vorindustrieller Zeit mit Proben aus Sinkstofffallen verglichen, die den Zustand des Planktons von 1978 bis 2013 zeigen. So kommen die Forscher zu dem Schluss, dass sich die heutige Zusammensetzung der Arten von der in der vorindustriellen Zeit systematisch unterscheidet.

Signal der Erderwärmung

"Das erstaunliche war, dass dieser Unterschied nicht zufällig ist, sondern ein Signal der Erderwärmung zeigt: Heutige Lebensgemeinschaften in sich erwärmenden Regionen stimmen mit vorindustriellen Lebensgemeinschaften aus wärmeren Regionen überein", erklärt Lukas Jonkers. Das bedeutet auch: Die modernen Artengemeinschaften am selben Standort sind andere als zu vorindustrieller Zeit.

"Wir wissen schon lange, dass sich Artengesellschaften verändern, aber für viele Lebensgemeinschaften gibt es wegen zu kurzer Beobachtungen keine belastbaren und vor allem globalen Vergleichsgrößen", sagt Jonkers. Das habe sich nun mit den analysierten Daten geändert. "Der Datensatz ist groß und damit auch global repräsentativ." Das Beunruhigende an der Beobachtung sei, dass in vielen Regionen des Ozeans die Planktongemeinschaften offensichtlich "in fremde Gewässer" abgewandert sind.

Dort müssen sie sich an neue Bedingungen anpassen und unter Umständen ihre Nahrungsnetze neu bilden. "Die Frage ist, ob sie dies zügig tun können, oder ob der Klimawandel zu schnell voranschreitet, als dass die Gemeinschaften sich anpassen könnten", sagt Kucera. "Unsere Kooperation zeigt, wie wichtig es ist, dass Paläoökologie und moderne Biodiversitätsforschung zusammenarbeiten", fügt Hillebrand hinzu. (red, 25.5.2019)