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Wladimir Putin war 2010 Ehrengast bei der Judo-EM in Wien. In zwei Jahren hätte er die Hauptstadt wieder beehren sollen. Das ist jetzt eher ungewiss.

Foto: AP/Klimentyev

Gut, die Judorolle ist ganz speziell. Da fuhr im September 2018 ein Sportminister namens Strache samt FPÖ-Delegation in die aserbaidschanische Hauptstadt Baku und kam mit der Judo-WM 2021 nach Wien zurück. Strache und Hans Paul Kutschera, Präsident des österreichischen Judoverbands (ÖJV), freuten sich und lobten einander. Allerdings hatten sie gegenüber dem Weltverband (IJF) und seinem österreichischen Präsidenten Marius Vizer weitreichende Zusagen abgegeben, ein WM-Budget von zwölf Millionen Euro wurde garantiert, sechs davon sollten als "Veranstaltungsgebühr" an die IJF fließen. Das erste Drittel, also zwei Millionen, wurde im Jänner schon flott überwiesen.

Die Gebühr

Sechs Millionen Euro. Insidern und Auskennern kommt diese Gebühr sehr hoch vor. Doch ÖJV-Präsident Kutschera versichert dem STANDARD: "Damit bin ich ganz unten angesiedelt. Kolportierterweise müssen andere WM-Veranstalter viel, viel mehr zahlen." Die jüngsten vier Titelkämpfe fanden übrigens in Russland (Tscheljabinsk 2014), Kasachstan (Astana 2015), Ungarn (Budapest 2016) und Aserbaidschan (Baku 2018) statt. Philipp Trattner, Sektionsleiter im Sportministerium, ergänzt: "Auch in anderen Sportarten werden Veranstaltungsfees für Großereignisse gezahlt."

Recherchen zu einigen Großereignissen bestätigen Trattners Aussage im Prinzip. Für die Abhaltung der Rad-WM 2018 in Österreich etwa stellte der Weltverband (UCI) schon vorab 4,3 Millionen Euro in Rechnung. Am Ende hat diese WM nicht die veranschlagten 12,8, sondern 14,6 Millionen Euro gekostet. Die Verantwortlichen verwiesen nachher auf Wertschöpfung, Werbewert und Umwegrentabilität. Das hat schon Tradition.

Zur Kasse gebeten

Die Gesamtkosten der Nordischen Ski-WM 2019 in Seefeld lagen mit 30,5 Millionen Euro ebenfalls über dem ursprünglich veranschlagten Budget (28 Millionen). Der Bürgermeister und OK-Chef Werner Frießer führte die Baukonjunktur und statische Probleme bei der WM-Halle als Kostentreiber an. Es ist davon auszugehen, dass für einen Großteil der Mehrkosten das Land aufkommen wird, so oder so wird noch einmal der Steuerzahler belangt.

ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel, vom STANDARD auf die Judo-WM-Gebühr angesprochen, wundert sich: "So ein Geschäft würde ich für den ÖSV nicht abschließen. Bei uns kriegt man von der Fis Geld, damit man etwas ausrichtet." Veranstaltungsfees lassen sich allerdings kaum vergleichen, schließlich spielt immer mit, ob TV- und/oder Werberechte beim internationalen Verband oder beim Veranstalter liegen. Im Eishockey etwa verlangt die IIHF keine Gebühr und nur zehn Prozent der Ticketeinnahmen von den WM-Veranstaltern, verkauft aber fast alle Rechte selbst.

Anders

Judo ist anders. Im Judo zahlt der Veranstalter die Gebühr, obwohl die IJF auch TV-Rechte hält. Dem Gastgeber bleiben Teile der Sponsoren- und die Ticketeinnahmen. Für 2021 war Wien einziger Kandidat, die IJF-Spitze bestimmt Veranstalter traditionell selbst. "Das läuft UDH", sagt ein Insider, "unter der Hand".

Mit einer anderen Tradition hatte Strache gebrochen, bevor er nach Baku reiste. Üblicherweise teilen sich Bund und Stadt die Kosten großer Sportevents. Doch in die WM-2021-Planungen hatten weder Strache noch Kutschera die Verantwortlichen in Wien involviert. Sportstadtrat Peter Hacker hat "keine ordentliche Kalkulation gesehen". Ergo wollte Wien keine Kostenbeteiligung zusagen. Das ist – vermutlich neben Straches Abgang – der Hauptgrund dafür, dass sich Kutschera überlegen muss, von der WM-Organisation Abstand zu nehmen. Ob der Weltverband die zwei Millionen Euro, die er schon einstreifte, zurückzahlen würde? "Das", sagt Kutschera, "weiß ich nicht." (Fritz Neumann, 25.5.2019)