Das israelische Forscherteam stößt mit seinem alten, neuen Bier an.

Foto: Yaniv Berman

Die jahrtausendealte Hefe wurde unter anderem diesem antiken Gefäß entnommen.

Foto: Yaniv Berman

Die Idee kam ihnen – wie kann es anders sein – bei ein paar Bier. Ronen Hazan, Mikrobiologe der Hebräischen Universität in Jerusalem, saß zusammen mit seinem Kollegen Michael Klutstein in der Bar eines Freundes: Itai Gutmans, ein Bierbrauer. Irgendwann tauchte die Frage auf, wie wohl Bier vor tausenden Jahren geschmeckt haben muss. "Wie haben uns gefragt, ob es wohl möglich ist, Hefe in alten Krügen zu finden und daraus Bier zu brauen. Das war eine Idee wie aus einem Science-Fiction-Film." Dachten sie zunächst. Und probierten es dann doch.

Zusammen mit dem Archäologen Yitzhak Paz von der Altertumsbehörde und zahlreichen anderen Wissenschaftern ist es ihnen nun, knapp fünf Jahre später, gelungen, bis zu 5.000 Jahre alte Hefe zu finden und daraus Bier zu brauen. "Das ist ein echter Durchbruch. Es ist das erste Mal, dass es uns gelungen ist, antiken Alkohol aus antiker Hefe zu produzieren", erklärt Yitzhak Paz. Und Mikrobiologe Hazan findet: "Nicht das beste Bier, das ich je getrunken habe, aber es schmeckt."

Zunächst mussten Hazan und Klutstein an das Material gelangen: Sie kontaktierten Archäologen, und die waren von der Idee begeistert. Sie stellten Tonscherben alter Gefäße zur Verfügung, in denen einst Bier und Met aufbewahrt wurden. Einige stammten aus der Zeit von Pharao Narmer, der rund 3.000 Jahre vor Christus herrschte, die anderen aus der Zeit um 800 und um 400 vor Christus. Archäologen hatten die Relikte zuvor unter anderem in Jerusalem und Tel Aviv ausgegraben.

Bier diente als Trinkwasser

Bier war schließlich damals weit verbreitet, weiß der Brauer Itai Gutman, der Bar und Brauerei in Israel mittlerweile aufgegeben hat und in Berlin an neuen Bierprojekten arbeitet: "Bier diente zum einen als sauberes Trinkwasser. Bei einem Alkoholgehalt ab drei Prozent konnten keine Bakterien überleben."

Bis vor 200 Jahren hätten deshalb selbst Kinder und Schwangere leichtes Bier getrunken. "Außerdem spielte es eine religiöse Rolle", sagt Gutman. Die leichte Euphorie nach dem Biergenuss ließ manche glauben, es handelte sich um ein göttliches Getränk.

"Das ist das größte Wunder"

In den alten Tonscherben konnten die Wissenschafter dann tatsächlich Hefe ausfindig machen, die tausende Jahre lang überlebt hat: "Das ist das größte Wunder", sagt Hazan. Die Hefekolonien konnten sich wohl von Mineralien und anderen Nährstoffen aus der Erde ernähren und bekamen im Winter ein bisschen Regenwasser ab, das in den Boden sickerte.

Doch nicht alle Hefearten, die im Ton entdeckt wurden, waren brauchbar. Darunter befand sich auch eine Art, die Bier nicht nur ruiniert, sondern auch giftig ist, so Hazan. "Wir kannten sie und haben sie aussortiert."

Die anderen Hefearten revitalisierten sie. Gutman half, drei Sorten von Bier zu brauen, zwischen vier und zwölf Prozent Alkoholgehalt. Der Experte, der sein Handwerk an der Technischen Universität in Berlin gelernt hat, beschreibt den Geschmack so: "Er ähnelt dem Geschmack heutiger Ale-Sorten kleiner Brauereien. Vollmundig, eher süßlich."

Womöglich bald zu kaufen

Tester der Organisation Beer Judge Certification Program haben das Bier ebenfalls probiert und für gut befunden. Demnächst könnten Bierfreunde das Getränk in Bars und Supermarktregalen finden. Hazan und sein Team haben nämlich noch einiges vor: "Wir sind im Gespräch mit den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Universitäten und hoffen, dass wir es bald verkaufen können." (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 27.5.2019)