Es sieht so aus, als hätten die Rechtsausleger bei den EU-Wahlen weniger gepunktet als befürchtet, jedoch mehr als erhofft. Zur echten Entspannung besteht kein Grund, vor allem, solange der Boden eines verbreiteten sozialen Ressentiments weiterhin fruchtbar bleibt.

Ressentiment ist etwas, das man ungern nach außen kehrt. Es setzt sich zusammen aus Tabugefühlen wie Hass, Neid auf – tatsächlich oder vermeintlich – Bessergestellte und der quälenden Selbstanklage, dass man es selbst nicht "geschafft" hat. Dieser Gefühlsdisposition der "Modernisierungsverlierer", von denen es genug gibt und deren Leben nicht leichter wird, kommen Parteien wie FPÖ und Konsorten virtuos entgegen. Sie liefern mit dem politischen Islam ein diffuses, aber nicht unrealistisches Hauptfeindbild, auf das sich jeder Frust projizieren lässt.

Figuren wie Strache oder Gudenus können ruhig ein Zigfaches verdienen, auf Ibiza vor dem großen Geld zu Kreuze kriechen und "Oligarchinnen" die ungepflegten Fußnägel küssen: Einen echten Fan ficht das nicht an ("I lass mir mein Aberglaub'n durch ka Aufklärung raub'n", Nestroy).

Wenn die EU den rechten Demolierungskünstlern ernsthaft das Wasser abgraben will, wird ihr nichts anderes übrigbleiben als die Erfindung einer Politik, die die Massen der Ausgegrenzten in die Mitte der Gesellschaft zurückholt. Klingt pathetisch, ist sauschwierig und absolut unumgänglich. (win, 27.5.2019)