Die Erde ist der einzige der inneren Felsplaneten des Sonnensystems, der eine bedeutende Menge an Wasser besitzt. Woher das Wasser unseres Heimatplaneten ursprünglich stammt, dazu gibt es zahlreiche Hypothesen. Zuletzt haben winzige Körnchen vom erdnahen Asteroiden Itokawa Hinweise darauf geliefert, dass das Wasser im Verlauf der planetaren Geburt in Kometen und Asteroiden auf der Erde gelandet ist. Andere Astronomen vermuten vielmehr, dass unser Mond und seine Entstehungsgeschichte mit der Quelle des irdischen Wassers zu tun haben, was der vorangegangenen These nicht grundsätzlich widerspricht.

Zu diesem Schluss kamen nun auch Planetologen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Das Team um Gerrit Budde konnten zeigen, dass das Wasser mit der Bildung des Mondes vor ungefähr 4,4 Milliarden Jahren auf die Erde gekommen ist. Der Erdtrabant bildete sich durch den Einschlag eines etwa Mars-großen Körpers – Theia genannt – auf der Erde. Bisher waren Experten davon ausgegangen, dass Theia im inneren Sonnensystem nahe der Erde entstanden ist. Die münsterschen Wissenschafter können jetzt nachweisen, dass Theia aus dem äußeren Sonnensystem gekommen sein muss, von wo der Protoplanet große Mengen Wasser mit auf die Erde brachte.

Jener Himmelskörper, der vor etwa 4,4 Milliarden Jahren mit der jungen Erde kollidiert ist und dabei auch den Mond schuf, dürfte aus dem äußeren Sonnensystem gekommen sein.
Illustr.: Nasa

Kohlige und nicht-kohlige Meteorite

Da die Erde sich im wasserarmen inneren Sonnensystem gebildet hat, könnte man erwarten, dass sie trocken ist. Um zu verstehen, warum es dennoch Wasser auf der Erde gibt, muss man sich auf eine Reise in die Vergangenheit begeben, als das Sonnensystem vor ungefähr viereinhalb Milliarden Jahren entstanden ist. Frühere Studien haben ergeben, dass sogenannte "kohlige" Meteorite aus dem äußeren Sonnensystem stammen, wohingegen "nicht-kohlige" Meteorite aus dem inneren Sonnensystem kommen. Kohlige Meteorite sind relativ wasserreich und Studien haben gezeigt, dass das Wasser auf der Erde wahrscheinlich von diesen Körpern stammt. Es war aber bisher unbekannt, wann und wie dieses kohlige Material – und damit das Wasser – auf die Erde gekommen ist.

"Wir haben Molybdän-Isotope benutzt, um diese Frage zu beantworten. Die Molybdän-Isotope ermöglichen uns, kohliges und nicht-kohliges Material klar zu unterscheiden – sie stellen sozusagen einen 'genetischen' Fingerabdruck von Material aus dem äußeren und inneren Sonnensystem dar", erklärt Budde. Die nun im Fachjournal "Nature Astronomy" veröffentlichten Messungen zeigen, dass die Molybän-Isotopie der Erde zwischen der der kohligen und nicht-kohligen Meteorite liegt. Ein Teil des irdischen Molybdäns stammt daher aus dem äußeren Sonnensystem. Die chemischen Eigenschaften von Molybdän spielen in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle, weil sich Molybdän als Eisen-liebendes Element zum Großteil im Erdkern befindet.

Video: Die Evolution des Mondes.
NASA Goddard

Beleg für die Herkunft von Theia

"Das Molybän, welches heute zugänglich ist, stammt daher aus den späten Stadien der Erdentstehung, während das Molybdän aus früheren Phasen im Erdkern ist", erklärt Christoph Burkhardt, Zweitautor der Studie. Die Ergebnisse der Wissenschafter zeigen daher erstmals, dass kohliges Material aus dem äußeren Sonnensystem erst spät auf die Erde gekommen ist.

Die Forscher gehen aber noch einen Schritt weiter. Sie belegen, dass der Großteil des Molybdäns im Erdmantel durch den Protoplaneten Theia geliefert wurde, dessen Kollision mit der Erde vor 4,4 Milliarden Jahren zur Entstehung des Mondes geführt hat. Da aber ein Großteil dieses Molybdäns aus dem äußeren Sonnensystem stammt, bedeutet dies, dass Theia selbst auch aus dem äußeren Sonnensystem stammt. Die Kollision reichte nach Einschätzungen der Wissenschafter aus, um ausreichend kohliges Material auf die Erde zu bringen, das für die gesamte Menge an Wasser auf der Erde verantwortlich ist.

"Unser Ansatz ist einzigartig, weil er uns erstmalig erlaubt, die Herkunft des Wassers auf der Erde mit der Entstehung des Mondes in Verbindung zu bringen. Vereinfacht könnte man sagen, ohne Mond kein Leben auf der Erde", sagt Thorsten Kleine, Professor für Planetologie an der WWU. (red, 27.5.2019)