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Italien zuerst, meint Salvini.

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Die Galionsfigur der Rechten in Europa hat alle Hoffnungen erfüllt: Italiens Innenminister Matteo Salvini fuhr bei der EU-Wahl am Sonntag einen rauschenden Sieg ein. Die rechtspopulistische Lega erreichte nach fast kompletter Stimmenzählung 34,9 Prozent. Damit verdoppelte die Lega ihre Stimmen gegenüber den Parlamentswahlen im März 2018.

"Heute ist ein neues Europa entstanden, wir werden eine neue europäische Renaissance erleben, die auf Beschäftigung, Rechten und Sicherheit basiert", meinte Salvini in Anspielung auf den Erfolg von Marine Le Pens "Rassemblement National" (RN) in Frankreich und von Nigel Farages Brexit-Party in Großbritannien. Er berichtete, dass er mit Le Pen und mit Ungarns Premier Viktor Orbán telefoniert habe. Auch Orbáns Fidez kann mit – voraussichtlich – 52 Prozent einen Sieg einfahren.

Knapp könnte man die Ergebnisse der EU-Wahl so zusammenfassen: Erfolg der rechten Parteien, Denkzettel für die etablierten Parteien, und da vor allem für die Sozialdemokraten. Im Detail weichen die Ergebnisse der einzelnen Ländern aber von diesem Trend ab.

In Deutschland musste die große Koalition aus CDU/CSU (28,1 Prozent) und SPD (15,5) starke Verluste hinnehmen. Klarer Wahlsieger wurden die Grünen, sie verdoppelten ihre Stimmen auf 20,8 Prozent und werden zweitstärkste Kraft. Details zu Deutschland von unserer Korrespondentin lesen Sie hier.

In Frankreich hat sich Marine Le Pens Rassemblement National im Kopf-an-Kopf-Rennen gegen Emmanuel Macrons La République en Marche durchgesetzt. Die Nationalisten und EU-Skeptiker erreichten 23,3 Prozent und liegen knapp einen Prozentpunkt vorn En Marche (22 Prozent). Das Pro-EU-Lager konnte sich jedoch auf die Grünen im Land stützen, die überraschend den dritten Platz erreichten (14 Prozent). Details zu Frankreich lesen Sie hier.

In Italien geht die rechtsgerichtete Lega von Salvini nach vorläufigen Zahlen – wie erwähnt – mit einem Drittel der Stimmen als Sieger hervor. Der Koalitionspartner, die "5-Sterne-Bewegung", kam auf etwa 17 Prozent und schnitt damit deutlich schlechter als bei den Parlamentswahlen ab. Dies könnte Auswirkungen auf die Regierungsarbeit haben, da es zuletzt Streit zwischen den Partnern gegeben hatte.

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In Großbritannien liegt die Brexit-Partei von Nigel Farage deutlich vorne. Die EU-kritische Partei erhielt mehr als 37 Prozent der Stimmen. Als zweitstärkste Kraft könnten sich, mit 18,6 Prozent, die proeuropäischen Liberaldemokraten erweisen. Sowohl die regierenden Konservativen als auch die Sozialdemokraten von Labour verloren deutlich: Labour schnitt an dritter Stelle mit 14 Prozent der Stimmen ab, die konservativen Tories der scheidenden Premierministerin Theresa May liegen nur noch auf Platz fünf, mit 8,7 Prozent.

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Großbritannien wählte aufgrund des verschobenen Brexits mit. Die EU-Gegner um Farage sind künftig die größte Einzelpartei im Europäischen Parlament. Details lesen Sie hier.

In Griechenland kam es zu einer deutlichen Wahlschlappe für den regierenden Alexis Tsipras, in deren Folge er zugleich nationale vorgezogene Neuwahlen für Juni ankündigte. Seine Syriza-Partei erzielte nur 23,9 Prozent und lag damit fast zehn Prozentpunkte hinter den Konservativen. Details lesen Sie hier.

In Irland konnte die liberalkonservative Regierungspartei Fine Gael von Premier Leo Varadkar mit 29 Prozent einen deutlichen Sieg einfahren. Jeweils rund 15 Prozent teilen sich Fianna Fail und relativ überraschend auch die Grünen.

In Spanien gelang der regierenden sozialistischen Partei von Ministerpräsident Pedro Sanchez mit rund einem Drittel der Stimmen ein klaren Sieg. Die konservative Partido Popular kam mit gut einem Fünftel auf den zweiten Platz. Die rechtsgerichtete Partei Vox kam hier nur auf etwa sechs Prozent der Stimmen.

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Im benachbarten Portugal sah das Ergebnis ähnlich aus. Die regierenden Sozialisten (Partido Socialista (PS) von Ministerpräsident António Costa kamen auf rund 33,7 Prozent der Stimmen. Platz zwei belegte die konservativ-liberale Sozialdemokratische Partei (PSD) mit 22,3 Prozent vor dem marxistischen Linksblock (BE), der auf 9,6 Prozent kam. Die Wahlbeteiligung lag in Portugal allerdings nur bei rund 30 Prozent.

In den Niederlanden wurde die politische Mitte gestärkt. Die Sozialdemokraten um Frans Timmermans, der auch für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten kandidiert, wurden mit knapp einem Fünftel der Stimmen stärkste Partei. Zählt man die anderen Gruppierungen der Mitte zusammen, stimmten in den Niederlanden mehr als zwei Drittel für sie. Die Rechte konnte sich hier nicht behaupten: Die rechtsgerichtete Freiheits-Partei von Geert Wilders rutschte auf rund vier Prozent ab.

In Belgien feierte die rechtsextreme Vlaams Belang mit plus 8 Prozent einen spektakulären Erfolg. Sie liegt nun bei 12 Prozent. Stärkste Kraft wurde – trotz Verlusten – die flämisch-nationalistische N-VA mit 16,5 Prozent. Die Partei von Premierminister Charles Michel, der liberale MR, kam noch auf rund 7,5 Prozent. Die Zukunft Michels ist somit ungewiss.

In Luxemburg konnten die regierenden Liberalen von Ministerpräsident Xavier Bettel die bisher dominierenden Christdemokraten (CSV) überholen. Die Demokratische Partei erreichte 21,4 Prozent der Stimmen (plus 6,7 Punkte), während die CSV um 16,6 Punkte auf 21,1 Prozent abstürzte.

In Polen ist die rechtsnationalistische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) als stärkste Kraft aus der Wahl hervorgegangen. Nach Auszählung fast aller Stimmen bekam die Partei von Jarosław Kaczyński 46 Prozent der Stimmen. Das pro-europäische Bündnis aus mehreren Oppositionsparteien kam auf fast 38 Prozent. Dem Bündnis gehört auch EU-Ratspräsident Donald Tusk an. Das Land liegt seit Jahren mit der EU im Clinch. Die EU-Kommission geht seit 2016 wegen mehrerer Justizreformen gegen Polen vor.

In Ungarn dürfte die regierende Fidesz von Premier Viktor Orbán 52 Prozent der Stimmen erzielt haben. Die extrem rechte Jobbik wird vermutlich bei 6,4 Prozent liegen.

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In der Slowakei haben sich die Wahlen zu einem Denkzettel etablierter Parteien entwickelt. Die Sozialdemokraten kamen mit 15,7 Prozent der Stimmen lediglich auf Platz zwei. Der Sieg ging mit über 20 Prozent überraschend klar an das Bündnis von zwei jungen, liberalen und proeuropäischen Parteien, der Progressiven Slowakei (PS) und Spolu (Gemeinsam), die erst vor rund zwei Jahren gegründet wurden und noch nicht im nationalen Parlament vertreten sind.

In Tschechien hat die populistische Partei Ano von Premier Andrej Babis die Wahl, wie erwartet, gewonnen, und zwar mit 21 Prozent. Weniger erfreulich ist der Wahlausgang für seine Koalition, da die mitregierenden Sozialdemokraten (CSSD) erstmals unter die fünfprozentige Wahlhürde fielen (3,9 Prozent). Auf Platz zwei folgte die konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS) mit 14,54 Prozent. Knapp dahinter rangierte die Piratenpartei mit 14 Prozent

In Rumänien kamen die regierenden Sozialdemokraten (PSD) unter dem Vorsitz des vorbestraften Liviu Dragnea auf 23,4 Prozent der Stimmen – und nur auf zweiten Platz. Drei miteinander konkurrierende Oppositionsparteien erreichten zusammen 54,8 Prozent. Die bürgerliche Partei PNL liegt mit 26,8 Prozent vorne, gefolgt vom öko-bürgerlichen Bündnis USR-Plus mit 21,4 Prozent. Beobachter rechnen nun damit, dass Dragnea von eigenen Parteifreunden gestürzt wird.

Im Baltikum haben sich die etablierten Parteien durchgesetzt. In Lettland lag die Regierungspartei "Einigkeit" vorne. Sie verlor zwar fast die Hälfte ihrer Stimmen, liegt aber mit 26 Prozent trotzdem vorne. In Estland und Litauen setzten sich jeweils oppositionelle Kräfte durch: In Estland führt die Reformpartei mit 26 Prozent vor der Regierungspartei, die nur noch auf 14 Prozent kam. In Litauen jubelten die Anhänger der oppositionellen Vaterlandsunion über mehr als 18 Prozent der Stimmen. Aber auch der regierende Bund der Bauern und Grünen war erfolgreich. Im Vergleich zur Wahl vor fünf Jahren konnte sie sich mit 13,11 Prozent verdoppeln.

In Malta haben die Sozialdemokraten mit 55,9 Prozent der Stimmen klar gewonnen. (red, APA, Reuters, 27.5.2019)