Im simulierten Unfall-Fall wuselt unter anderem ein Warndreiecks-Roboter 200 Meter nach hinten.

Foto: Daimler

Sitzintegriert: Seitenluftsäcke bei hochautonomen Autos.

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Vor-Ort-Unfallforschung in den 1990ern.

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Das war natürlich der absolute Clou, und die Kollegen aus Asien seien ein paar Tage davor ganz aus dem Häuschen gewesen, berichtet der Mercedes-Mann: dass nach simuliertem Unfall, die ganze Weihnachtsbeleuchtung am Sicherheits-Fahrzeug (ESF) war angesprungen, unterm Auto ein Roboter hervorwuselte, enteilte und sich dann als Warndreieck positionierte.

Sicherheitstechnik

Das ist aber nur eine aus einer Fülle von Ideen, die im "ESF 2019" steckt und anlässlich eines Sicherheitstechniktags im "Technologiezentrum Fahrsicherheit" in Sindelfingen präsentiert wurde. Doch vorher rasch eine kleine Rückblende, schließlich hat Mercedes etliche Meilensteine in Sachen Sicherheit gesetzt.

Am Anfang stand der Österreicher Béla Barényi. Erfinder der Knutsch-, nein: der Knautschzone. Erstes Serienfahrzeug mit der revolutionären aufprallenergieabsorbierenden Karosserie war 1959 der W 111 "Heckflosse" , folglich gibt's heuer ein 60-Jahr-Jubiläum.

Der Rest trägt die typischen, heute üblichen Dreierakronyme – ABS, ESP, BAS -, und damit zum ESF-Phänomen: Seit 1971 baut Mercedes "Experimental-Sicherheits-Fahrzeuge" als Versuchsträger für neue Sicherheitskonzepte, anfangs zerschellten viele davon noch an der Wand. Gewollt natürlich. Stichwort: Crashtest. Das bisher jüngste war das ESF 2009 auf Basis der S-Klasse (Baureihe 221), Anlass: 50 Jahre Knautschzone.

SUV statt Limo

Am neuen ESF nun zeigt sich schon formal, welche Revolution inzwischen stattgefunden hat. Bis 2009 waren das alles Limousinen, der neue Versuchsträger ist ein SUV, er basiert auf dem GLE. Weiters ist die Rede von einem Plug-in-Hybrid-Mobil – und einem, das autonomes Fahren auf Level 4 repräsentieren soll, was die vier Lidare obenauf erklärt. Über all dem schwebt das hehre Ziel unfallfreien Fahrens, "Vision Zero", klingt fast nach Cola-Limo, und die bei Daimler können erst wieder ruhig schlafen, wenn es gar nicht mehr kracht. Diesen Eindruck gewann man jedenfalls beim Techniktag.

Gesetzt sei also hochautonomes Fahren. Gesetzt sei ferner ein gesamtheitlicher Ansatz, der aktive und passive Sicherheit kombiniert, "für uns die konzeptionelle Antwort auf die Sicherheitsanforderungen der Zukunft".

Lichtorgie

Jetzt der Unfall-Fall. Außen spielt das ESF 2019 da großes Kino. Am Dach erigiert ein Warndreieck, Warnblinker pulsieren, rundum signalisiert eine wahre LED-Lichtorgie – speziell an der Front, aber auch Warnschriftzug-Projektionen in der Heckscheibe -, wie das Fahrzeug auf welche Art von Vorfall reagiert (hier eben: Unfall), wie es mit der Umwelt kommuniziert. Türkise Farbe zeigt dabei an, hallo, jetzt bin ich autonom unterwegs. Das Generalmotto lautet "integriertes Vertrauen", auch eine Form von Integration. Und, wie gesagt, zur Gefahrstellenabsicherung fährt hinten unten ein Roboter raus, der ein bisserl aussieht wie ein Staubsauger-Robo und eben auf Warndreieck macht.

Und innen? Im Autonombetrieb fahren Lenkrad und Pedalerie ein. Weshalb der Fahrer-Frontluftsack, wie beifahrerseitig, nach vorn wandert. Die Seitenairbags hingegen sind im Sitz integriert, weil man auch gerade liegen könnte, das sieht dann sehr nach Kokon aus. Und für den Kindersitz gibt's einen wahren Sicherheitsoverkill, bis hin zu Pulsmessung, Befindlichkeitscheck und Kameraliveeinspielung vorn im Display. Sicher ist sicher. (Andreas Stockinger, 31.5.2019)