Vor wenigen Wochen machte die Umweltorganisation Global 2000 mit einer Aktion vor dem Kraftwerk Dürnrohr Druck auf die EVN, vorzeitig ausd der Kohleverstromung auszusteigen.

Foto: jandl/global 2000

Wien – Der niederösterreichische Energieversorger EVN wird die im Kraftwerk Dürnrohr in der Gemeinde Zwentendorf laufende Stromerzeugung mit Kohle bereits im Herbst dieses Jahres beenden und damit den Verbund, der sein letztes Kohlekraftwerk in Mellach bei Graz nächstes Jahr schließen will, überholen. Noch zu Monatsbeginn war seitens der EVN von "spätestens 2025" die Rede gewesen. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) begrüßte die Entscheidung ausdrücklich.

"Das ist ein richtiger Schritt, weil die Stromerzeugung durch Kohle die CO2-schädlichste Erzeugungsform ist. Niederösterreich ist schon jetzt Vorreiter bei der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien", sagte Mikl-Leitner in einer Aussendung. Jetzt gehe es darum, den Kohleausstieg in ganz Europa voranzutreiben.

260 Kohlekraftwerke in EU noch am Netz

Derzeit gebe es in den 28 EU-Staaten noch 260 aktive Kohlekraftwerke. Dürnrohr war laut EVN "seit 1986 ein Eckpfeiler der Versorgungssicherheit Ostösterreichs. Zu Spitzenzeiten war an diesem Standort Steinkohle für bis zu ein Jahr Produktion gelagert." Jetzt werde die vorhandene Restkohle verstromt. Sie reiche insgesamt noch für etwa 30 Betriebstage. Neue Lieferoptionen würden nicht mehr gezogen, berichtete die APA am Dienstag. Ein frühzeitiger Ausstieg aus der Kohleverstromung sei ein Beitrag zum Klimaschutz in Österreich, bringe aber gleichzeitig große Herausforderungen für die heimische Versorgungssicherheit, betonte die EVN.

Neubewertung der Situation nötig

"Aus ökologischer Sicht ist die vorzeitige Schließung verständlich, nichtsdestotrotz war Dürnrohr ein Kraftwerk, das bei Bedarf kurzfristig ans Netz gehen konnte", heißt es bei der Austrian Power Grid (APG), die für das Hochspannungsnetz in Österreich zuständig ist. "Wir müssen die Situation nun neu bewerten."

Zuletzt hatte die Umweltorganisation Global 2000 Druck auf die mehrheitlich dem Land Niederösterreich gehörende EVN ausgeübt, den Ausstieg zu beschleunigen. "Das Kraftwerk muss und kann schon 2020 vom Netz", hatte der Klima- und Energiesprecher von Global 2000, Johannes Wahlmüller, im STANDARD-Gespräch Anfang Mai gefordert.

90 Beschäftigte in Dürnrohr

Noch sind etwa 90 Mitarbeiter am Standort Dürnrohr beschäftigt. Ein Kraftwerksblock mit 405 Megawatt Leistung, der vom Verbund betrieben wurde, ist 2015 geschlossen worden. Der von der EVN betriebene Kraftwerksblock wurde zuletzt neben der APG auch vom deutschen Netzbetreiber Tennet beansprucht. Mit beiden Gesellschaften gab es noch bis vor kurzem Stromlieferverträge, seither nicht mehr.

Dürnrohr soll nunmehr als innovativer Energiestandort weiterentwickelt werden. Die EVN wird eigenen Angaben zufolge 500.000 Tonnen Haus- und Gewerbemüll pro Jahr als Brennstoff zur Strom- und Wärmeerzeugung nützen. Aus dem Müll werde Strom für 170.000 Haushalte und Fernwärme für die Landeshauptstadt St. Pölten erzeugt. Auch Industriebetriebe sollen von Dürnrohr aus versorgt werden.

Lösung für Klärschlamm

Künftig soll am Standort auch der niederösterreichische Klärschlamm einer sinnvollen Verwertung zugeführt und zur Strom- und Wärmeerzeugung verwendet werden. Zusätzlich bereitet die EVN die Errichtung einer großen Photovoltaikanlage vor. Die Investitionen in Dürnrohr "in nächster Zeit" bezifferte der Versorger am Dienstag mit mehr als 20 Millionen Euro. (Günther Strobl, 28.5.2019)