"Krone"-Redaktion auf Konfrontationskurs mit Gesellschaftern Funke und Benko.

Foto: Harald Fidler

Die innig verfeindeten Eigentümer der Kronen Zeitung gingen am Montag ohne neue Kampfhandlungen auseinander, jedenfalls soweit sich das von außen erkennen lässt. Die Stimmung freilich nach der jüngsten Gesellschaftersitzung – hier die Gründerfamilie Dichand, dort die deutsche Funke-Gruppe mit Immobilienmilliardär René Benko an Bord – wirkt noch ein gutes Stück eisiger, sagen Menschen mit Einblick in die Vorgänge.

Denn: Die Funke-Gruppe scheint keineswegs von ihrem Vorhaben abzulassen, Christoph Dichand als Herausgeber und als Chefredakteur abzusetzen und ihn mit sofortiger Wirkung zu entlassen. Auch wenn sie eine schon für Montag beantragte neuerliche Abstimmung darüber unter den Gesellschaftern am Montag fallenließ.

Worum geht es im "Krone"-Streit?

Worum geht es da im schon Jahrzehnte tobenden Krone-Streit? Die Funke-Gruppe hat Gründer Hans Dichand und seiner Familie beim Einstieg in Österreichs weitaus größte Tageszeitung Vorrechte eingeräumt, damit der sie an Bord der damaligen Goldgrube Kronen Zeitung holt. Garantierte Gewinne unabhängig vom Geschäftsgang von zumindest hohen einstelligen Millionenbeträgen pro Jahr. Alleinige Verfügungsgewalt über die Redaktion. Stimmrechtsbindung im Verlag mit dem Kurier, der Mediaprint.

Nach drei Jahrzehnten, großteils im Streit, will die Funke-Gruppe möglichst nichts mehr mit den Dichands zu tun haben. Sie will ihre Anteile an den Immobilienmilliardär Benko verkaufen. Der ist Ende 2018 bei der Funke-Beteiligungsholding für die österreichischen Blätter Krone und Kurier eingestiegen. Wenn die Vorrechte der Dichands fallen – ein Schiedsgericht dürfte bis Herbst über die Kündigung der Verträge entscheiden -, dürfte Benko die Funke-Anteile an Krone und Kurier, jeweils rund 50 Prozent, komplett übernehmen.

Publizistischer Abwehrkampf

Offenkundig überrascht und schwer irritiert vom Einstieg eröffneten die Dichands und die Krone-Redaktion nun einen publizistischen Angriffskrieg gegen den früheren zumindest guten Dichand-Bekannten Benko. Mal ohne Namensnennung in Kommentaren an Kanzler Sebastian Kurz, doch aufzupassen, mit welchen Geschäftsleuten er sich da einlasse, mal in Karikaturen in der Krone bunt. Vorübergehend trübte der Benko-Einstieg sichtlich die Begeisterung der Krone für Kurz. Zuletzt schwenkte sie hier staatstragend ein auf Appelle, dem Kanzler doch nicht das Misstrauen auszusprechen.

Wie schon in früherem Streit mit den deutschen Gesellschaftern setzt die Krone in dieser publizistischen Auseinandersetzung vor allem auf eine Argumentationslinie: Es gehe um die Unabhängigkeit der Zeitung und ihrer Redaktion.

Von Unabhängigkeit der Redaktion würde man in dieser Angelegenheit in Essen eher nicht sprechen: Dort muss die redaktionelle Linie als Instrumentalisierung und Kampfeinsatz der Krone-Redaktion gegen Gesellschafter ankommen.

Das Ibiza-Video sorgte da für neuen Schub: Heinz-Christian Strache spricht in dem heimlich aufgenommenen Video einerseits von der Übernahme der Kronen Zeitung mithilfe einer vermeintlichen russischen Oligarchennichte und andererseits von seinem Besuch auf René Benkos Yacht.

Die Funke-Gruppe verweigert auf Anfrage jeden Kommentar zum Thema. Also lassen sich die STANDARD-Infos nicht überprüfen, wonach just Benko die Funke-Gruppe davon abgebracht habe, am Montag neuerlich über Dichands Entlassung abzustimmen.

Arbeitsrechtlich könnte sie ohnehin schwierig werden: Entlassungen wegen Verfehlungen sind nach österreichischem Recht sofort auszusprechen. Wenn etwa der langjährige Krone-Geschäftsführer Wolfgang Altermann Dichands Spesen abgezeichnet hat, ist die Entlassungsmöglichkeit als Chefredakteur für diese Vorwürfe perdu. Für die Ablöse als Herausgeber könnte sich die Funke-Gruppe bessere Chancen ausrechnen – deshalb prozessiert sie vor dem Handelsgericht wohl gegen beide Funktionen getrennt.

Neue Prüfung

Nach STANDARD-Informationen sollen die Wirtschaftsprüfer von Deloitte die Bücher und Abrechnungen der Krone aber neuerlich durchsehen. Wieder geht es, wie schon einmal vor Monaten, um Reise- und andere Spesen, die Herausgeber Dichand der Kronen Zeitung verrechnete.

Nach der ersten großen Prüfung – etwa Reisen nach Kitzbühel – erklärte Dichands Anwältin Huberta Gheneff im Frühjahr auf Anfrage: All die relevierten Punkte seien "mehrfach geprüft und als betriebsnotwendig im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Chefredakteurs anerkannt".

Die Funke-Gruppe verwies auf eine Betriebsprüfung der Finanzbehörden, die einige dieser Abrechnungen als nicht betriebsnotwendig beanstandet hätten, und bemühte die Wirtschaftsprüfer von Deloitte. Die Krone-Geschäftsführer – je einer von den Dichands und einer von der Funke-Gruppe nominiert – beauftragten einen Rechtsanwalt mit der Beurteilung. Und die Funke-Gruppe beantragte mit Verweis auf die Spesen in einer Gesellschaftersitzung Ende März die sofortige Entlassung Christoph Dichands als Herausgeber und Chefredakteur. "Wenn eine Aldi-Kassierin ein Brötchen klaut, wird sie entlassen", sollen sich die deutschen Mitgesellschafter laut Ohrenzeugen empört haben. Und: An Herausgeber und Chefredakteure müsse man höhere Maßstäbe anlegen als an einfache Mitarbeiter.

Die Ablöse-Anträge scheiterten im März am Gleichstand der Gesellschafter: Die vier Erben von Hans Dichand besitzen gemeinsam 50 Prozent, die Funke-Gruppe ebenso. Die Abstimmungen endeten im Patt.

Dagegen geht die Funke-Gruppe beim Handelsgericht Wien vor. Für Streit der Krone-Gesellschafter ist ein Schiedsgericht zuständig, halten die Dichands dagegen. Solange das aktuell tagende Schiedsgericht die Krone-Verträge nicht aufhebt, die auch das regeln. (Harald Fidler, 29.5.2019)