"Spitzensportler sind mündige Menschen", sagt Klaus Leistner, Generalsekretär im Skiverband.

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Innsbruck/Wien – Man wundert sich, was alles gegangen ist im österreichischen Skiverband. So eine große, professionelle, erfolgreiche Organisation – und doch ließ sie zu, dass ein Langlauftrainer, Gerald H., einem alpinen Speedspezialisten, Hannes Reichelt, jahrelang Trainingspläne schrieb. Ein anderer Alpiner, der ungenannt bleiben will, sagt dem STANDARD, er war "vor den Kopf gestoßen, dass das durchgeht". Erschwerend kam ja dazu, dass der Langlauftrainer während seiner ÖSV-Zeit durch etliche Dopingfälle – Christian Hoffmann, Johannes Dürr, Harald Wurm – in seinem unmittelbaren Umfeld durchaus auffällig geworden war.

ÖSV-Generalsekretär Klaus Leistner sagte am Dienstag dem STANDARD, H. sei "schon seit einiger Zeit nicht mehr für den ÖSV tätig". Das stimmt, 2017 hat H. den Skiverband verlassen. Das relativiert sich insofern, als er einzelne Aktive wie den Biathleten Dominik Landertinger oder eben Reichelt weiterhin beriet.

"Mündige Menschen"

Den Einwurf, dass sich also nur auf dem Papier etwas änderte, beantwortet Leistner mit: "So würde ich es nicht werten." Den ÖSV-Generalsekretär verwundert prinzipiell nicht, dass sich Spitzenathleten auch außerhalb des Verbands Betreuung suchen. "Gar so unüblich ist das nicht. Es gibt ja immer auch individuelle Problemstellungen", sagt Leistner. Und: "Spitzensportler sind ja mündige Menschen."

Ab Ende 2013 hätten im ÖSV Alarmglocken schrillen können. Da wurde Radim Duda, Trainer und Partner der damals für den ÖSV startenden Langläuferin Katerina Smutna, bei ÖSV-Oberen mit Warnungen vor H. vorstellig. Der Sportwoche sagte Duda über Dürr: "Wenn ein Athlet ein gewisses Niveau hat und kurz darauf, zack bumm, ein ganz anderes, muss ich das doch hinterfragen. Wenn nicht, weiß ich über die Ursachen Bescheid – oder ich bin ein schlechter Trainer."

Dudas Verabschiedung

Der damalige nordische ÖSV-Sportchef Markus Gandler sagte: "Nur aufgrund einer Leistungssteigerung kann ich ja keinen als Dopingsünder hinstellen." Und er ärgerte sich laut Sportwoche über Duda. "Von mir aus soll er bleiben, wo der Pfeffer wächst." Duda wurde tschechischer Nationaltrainer, ab Sommer 2016 lief auch Smutna, die im März noch den Wasalauf für Österreich gewonnen hatte, wieder für Tschechien.

Über H. wurde am Samstag die U-Haft verhängt, da er die Aussage verweigerte. Auch gegen Reichelt (38), für den die Unschuldsvermutung gilt, ermittelt das Bundeskriminalamt. Ein Ex-Servicemann Dürrs sagte angeblich aus, er habe unerlaubte Medikamente für H. besorgt, die für Reichelt bestimmt gewesen sein sollen. Reichelt: "Ich kann das nur vehement verneinen." H. sei ein ehemaliger Schulkollege und guter Freund. "Das Thema Doping hat er mir gegenüber nie erwähnt." (Fritz Neumann, 29.5.2019)