Der Mensch beeinflusst das Erdsystem längst auf eine so vielfältige Weise, dass Wissenschafter über die Einführung eines neuen Erdzeitalters diskutieren. Im Jahr 2000 schlug der niederländische Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen den Begriff Anthropozän vor, um die geologischen Auswirkungen des Menschen auf den Planeten zu beschreiben.

Seither wird darüber diskutiert, das Anthropozän offiziell als das aktuelle Erdzeitalter einzuführen. Jetzt wurde ein weiterer Schritt in diese Richtung gesetzt: Die "Anthropocene Working Group", die von der Internationalen Kommission für Stratigrafie eingesetzt wurde, stimmte mit großer Mehrheit für das neue Erdzeitalter. Bei einem bindenden Votum vergangene Woche stimmten 29 Mitglieder der Arbeitsgruppe für die Einführung des Anthropozäns, vier dagegen, ein Mitglied blieb der Abstimmung fern.

Suche nach dem "Golden Spike"

Die Arbeitsgruppe, der auch der Österreicher Michael Wagreich angehört, plant nun, bis spätestens 2021 einen formalen Antrag bei der Internationalen Kommission für Stratigrafie einzubringen. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich Experten darauf einigen können, wann der Beginn der geologischen Ära des Menschen anzusetzen sei. Denn dafür braucht es einen sogenannten Golden Spike, einen Marker, der weltweit zur selben Zeit in den Sedimenten des Planeten nachzuweisen ist.

Ein naheliegender Referenzpunkt für das Anthropozän sind radioaktive Elemente, die mit dem Beginn der ersten Atombombentests 1945 rund um den Globus auftauchten. Dafür spricht sich auch die "Anthropocene Working Group" aus und schlägt zehn mögliche Orte vor, an denen nach dieser radioaktiven Signatur des Anthropozäns gesucht werden könnte, unter anderem eine Höhle in Norditalien, Korallen des Great Barrier Reefs und ein See in China.

Kritiker monieren indes, dass der Mensch schon früher zum dominierenden Faktor des Planeten geworden sei und das Herausgreifen einer Jahreszahl Mitte des 20. Jahrhunderts vor dem Hintergrund der Zeitskalen, in denen Geologen denken, recht willkürlich erscheine. Bis also ein eindeutiger und gemeinhin akzeptierten Marker für den Beginn des Anthropozäns gefunden ist, heißt es noch: Weitersehen im Holozän. (dare, 31.5.2019)