Altkanzler Sebastian Kurz schob Verantwortung für die BVT-Affäre von sich und verwies auf U-Ausschuss und Justiz.

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Der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat sich während seiner Regierungstätigkeit nur wenig mit der Affäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) beschäftigt. Das ging am Mittwoch aus seiner Befragung vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss hervor. Kurz betonte immer wieder, "aus den Medien" von neuen Details rund um die später gerichtlich großteils für illegal erklärte Razzia erfahren zu haben. Zwar habe er den damaligen Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) wiederholt darauf angesprochen, dieser habe "den Medienberichten aber widersprochen". Kurz vertraute der Justiz und dem U-Ausschuss, Aufklärung zu schaffen.

Er hatte "keinerlei Beweis, dass Kickl etwas Illegales getan hatte", sagte Kurz vor dem U-Ausschuss – und er sah sich auch nicht dafür zuständig, mehr über die Vorgänge herauszufinden. So kontaktierte Kurz als Kanzler kein einziges Mal den BVT-Direktor Peter Gridling, um sich persönlich und direkt über die Razzia oder die zunehmende internationale Isolation des Nachrichtendiensts informieren zu lassen. Auch mit anderen Regierungschefs besprach Kurz die Causa nicht.

"Kein einziges Mal angerufen?"

"Es gibt über hundert Medienberichte, dass die Zusammenarbeit mit dem Ausland immer schlechter funktioniert, und Sie haben kein einziges Mal angerufen, ob das stimmt?", fragte der SPÖ-Abgeordnete Jan Krainer. Kurz verwies daraufhin auf Gridlings Auftritte im Nationalen Sicherheitsrat, wo dieser die Regierung und einige Abgeordnete über die Situation des BVT informiert hat.

Kurz und Doskozil im BVT-U-Ausschuss.
ORF

Während der Befragung gab Kurz immer wieder an, Details der Affäre nicht zu kennen. So war ihm laut eigenen Aussagen nicht bekannt, dass sich Kickl mit der Belastungszeugin gegen BVT-Mitarbeiter im FPÖ-Parlamentsklub getroffen hatte – "ein interessantes Detail", kommentierte der Altkanzler. Auch den Vermerk des finnischen Geheimdiensts, dass das Wiener BVT vom Informationsfluss auszuschließen sei, kannte Kurz vorher nicht. "Im Großen und Ganzen habe ich die Medienberichterstattung verfolgt", so der ÖVP-Chef.

"Sehr negativ erstaunt"

Die Neos-Abgeordnete Stephanie Krisper gestand Kurz nicht einmal das zu. Sie zeigte sich als Abgeordnete "und als Bürgerin sehr negativ darüber erstaunt", dass Kurz "sich nicht einmal bemüßigt gefühlt hat, zu dieser heiklen Sicherheitslage die Zeitungsberichte zu konsumieren".

Am Rande der Sitzung ging es auch um das berüchtigte Ibiza-Video, das den einstigen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) sein Amt kostete. Peter Pilz verwies auf SMS zwischen einem ÖVP-Mitarbeiter und einem Ex-BVT-Mitarbeiter, in denen es um "neue Videos" ging. "Ich wusste nichts von irgendwelchen Videos", schloss Kurz aus. "Ich kann mich an keinerlei Information zu irgendwelchen Videos erinnern." Pilz und auch Kickl hatten in den vergangenen Tagen angedeutet, dass das BVT etwas mit dem Ibiza-Video zu tun haben könnte, was aus dem BVT strikt bestritten wird. Auch der FPÖ-Abgeordnete Hans-Jörg Jenewein schlug in diese Kerbe, als er Kurz zu Kontakten mit einem PR-Berater fragte. Dieser "Verschwörungstheorie" erteilte Kurz eine Absage. (Fabian Schmid, Maria Sterkl, 29.5.2019)