Dem Souffleurkasten entstiegen: Alexander Schallenberg.

Foto: BUNDESKANZLERAMT/DRAGAN TATIC

Lange Vorstellungsrunden werden nicht nötig sein, wenn sich Österreichs designierter Außenminister nach der Angelobung mit den Kolleginnen und Kollegen in der EU kurzschließt. Alexander Schallenberg, bisher Leiter der Europasektion im Bundeskanzleramt, gilt schon seit Jahren als einer der bestvernetzten Diplomaten Österreichs. Viele hatten dem heute 49-Jährigen auch schon vor seiner nunmehrigen Ernennung bescheinigt, einer der führenden strategischen Köpfe der Wiener Außenpolitik zu sein – und einem gewissen Sebastian Kurz in seiner Zeit im Außenministerium beratend zur Seite gestanden zu sein.

Schallenberg, der einer Aristokraten- und Diplomatenfamilie entstammt, hat sich schon früh exzellente Verbindungen in Europa aufgebaut. Von 2000 bis 2005 als Rechtsberater in der Ständigen Vertretung Österreichs in Brüssel, später auch als Sprecher der beiden Außenminister Ursula Plassnik und Michael Spindelegger (beide ÖVP). Dabei haben dem zuweilen gesellig auftretenden Spitzendiplomaten auch drei weitere Charakterzüge geholfen, die ihm Kenner attestieren: Schallenberg sei immer bestens vorbereitet, heißt es, er gelte als sehr strukturiert und als äußerst akkurater Arbeiter.

Als Diplomat aufgewachsen

Zugleich habe er die Fähigkeit, komplizierte Sachverhalte einfach und verständlich darzustellen. Außerdem wirke er nicht nur nach außen als Diplomat, sondern auch innerhalb von Institutionen: Er habe es in den letzten zehn Jahren geschafft, mit äußerst unterschiedlichen Charakteren zusammenzuarbeiten. Anders als manche Vorgänger reüssierte er im Dienst der als nicht ganz einfach geltenden Plassnik ebenso wie später unter Außenminister Spindelegger.

Dazu, sich schnell auf Neues einstellen zu können, hat wohl auch sein persönlicher Werdegang beigetragen: Vater Wolfgang Schallenberg war einst Generalsekretär im österreichischen Außenministerium. Die Botschafterkarriere des Vaters führte auch den Sohn schon früh durch die Welt. Geboren in Bern, verbrachte Alexander Schallenberg große Teile seiner Jugend in Delhi, Madrid und Paris. International verlief dann auch die Studienkarriere: Jus in Wien und Paris, danach das Europacollege in Brügge. Im Alter von 28 Jahren trat Schallenberg 1997 in den Dienst des Außenamts.

Verhandlungen für die Volkspartei

Politisch wird der passionierte Genussraucher, den Kurz 2013 zum Leiter für "strategische und außenpolitische Planung" machte, als "bürgerlich-liberal" beschrieben. Mitglied einer Partei ist er trotz jahrelanger Arbeit im Dienste von ÖVP-Ministern nicht. Allerdings war er im Jahr 2017 aufseiten der Volkspartei an den Koalitionsgesprächen mit der FPÖ beteiligt. Nach erfolgreichem Abschluss holte ihn Kurz, inzwischen Kanzler, schon bald wieder in seine berufliche Nähe – die Leitung der Sektion für Europa im Bundeskanzleramt übernahm er im September 2018. Kurz verlasse sich eben auf den Mann, der wegen seines Geschicks immer wieder mit schwierigen Missionen betraut werde, hörte man dazu. So war es auch Schallenberg, der die zeitweilig hochschlagenden Wellen um das König-Abdullah-Zentrum für interreligiösen und interkulturellen Dialog (KAICIID) in Wien glätten musste.

Eigentlich gilt der geschiedene Vater von vier Kindern als jemand, der sich trotz eines guten Drahtes zu den Medien in der zweiten Reihe nicht unwohl fühlt: Er sei gern "im Souffleurkasten", sagte er im Sommer 2017 den "Oberösterreichischen Nachrichten", das sei immerhin "das Spielfeld der Diplomatie". Zumindest für die nächsten drei Monate ist es damit nun aber vorbei. (Manuel Escher, 30.5.2019)