Manfred Rebhandl, "Biermösel – Die Kultkrimis in einem Band". 29,90 Euro / 704 Seiten. Haymon-Verlag, 2019

Cover: Haymon-Verlag

Was Manfred Rebhandl schwer auf die Nerven geht, treibt uns alle um: Geldgier, Armut und Not, unfähige Politik, Ausländerhetze. Es hilft nurmehr die Flucht in die Idylle, aufs Land, in die Heimat. Alles schon gelesen im gut sortierten Buchfachhandel – und gehört bei Andreas Gabalier. Darauf muss man reagieren.

In Rebhandls Biermösel ist nicht nur die Balkanroute dicht. Nun hat der "Chef vom Ganzen" auch die "lange Gerade im Silbertannenwald" geschlossen, draußen im steirischen Aussee. Dort patroulliert der Biermösel, seines Zeichens versoffener und vereinsamter Gendarm, mit dessen Figur Rebhandl seiner Begeisterung für das Land und seine Abgründe, die Sauferei, die Selbstmorde, die Inzucht, auf mehr als 700 Seiten freien Lauf gelassen hat.

Die Provinz gebiert Monster, aber Biermösel kann sie nicht einfangen, weil er lieber Wirtshaussport betreibt, Schweinsbraten frisst und sich Marillenschnaps als Kompensation für die nie bekommene Muttermilch reinschüttet.

Die Beweise mögen doch bitte zu ihm kommen. Die Erderwärmung beschleunigt der unfähige Schnauzbartträger mit deftigen Furzen, seine Winde treiben die Temperaturen in der Sommerhitze von Aussee derart in die Höhe, dass die Tagestouristen in ihren SUVs die Klimaanlage hinter ihren verdunkelten Scheiben stärker aufdrehen müssen.

Subtil ist das nicht!

In der Biermösel-Bibel, welche die vier seit 2005 erschienenen Romane Lebensabende und Blutbäder, Löcher, noch und nöcher, Scheiß dich nicht an – lebe! und 56,3° im Schatten plus eine Bonuserzählung enthält, herrscht eine Traurigkeit, die Sinnsprüche und Schlagertexte als Leben inszeniert.

Die Lebenswelt des Biermösel ist das reine Unglück, eine einzige Nachtfahrt, ein Fest des Missratenen. Umsonst heißt es nicht über ihn: "Nur Bier, nie Möse!" Subtil ist das nicht. Manfred Rebhandl haut drauf, dass es eine Freude ist. Die scharfe Gesellschaftskritik nimmt aber immer mehr Form an, je länger die Nichtaufklärung der Blutbäder dauert.

Rebhandl hat mit dem würdelosen Detektiv Rock Rockenschaub und der dicken Polizistin Kitty Muhr zwei weitere Krimiserien begründet, die Biermösel-Geschichten sind vielleicht die kultigsten.

Was in seinen Büchern keinen Platz hat, haut Manfred Rebhandl auch gerne in den (a)sozialen Medien raus: "Macht ihr auch in der Früh erst mal social media, bevor ihr stuhlt?" Seine "Autorenforellen" mit Foto auf Facebook sind zwei Marmeladepalatschinken, und wenn er nicht über "Mindesthirnbezieher" Sebastian Kurz und seinen braunen Conditioner schreibt, dann adressiert er an das junge Volk da draußen: "Und Ihr Armseligen? Irgendwas mit KOKOSMILCH und AVOCADOS? Hahaha."

Auch der Biermösel hat es nicht so mit dem Zeitgeist. Sein Tempo ist gemächlich, da passiert nichts auf Knopfdruck. Der größten Lebensfalle entgeht der arme Gendarm nicht, dem Alterszynismus. Und der endet bekanntlich immer im Suff.

Es heißt, wer die Bücher von Kurt Palm zu geschmackvoll findet, ist bei Manfred Rebhandl richtig. Biermösel als reine Trashliteratur zu bezeichnen, würde Rebhandl nicht gerecht werden. Das ist unverblümte, hohe Kunst. (Florian Vetter, 2.6.2019)