Für Arbeitssucht gelten ganz ähnliche Kriterien wie für eine Substanzabhängigkeit.

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Erstmals gibt es aus einer repräsentativen Umfrage konkrete Zahlen zur Häufigkeit von Burnout in Österreich. Demnach sind 52 Prozent als gesund zu betrachten. 19 Prozent befinden sich in einem frühen "Problemstadium" dieser Störung. 17 Prozent sind in einem "Übergangsstadium" (Stadium II), schließlich acht Prozent im Stadium III, also krank. Vier Prozent der Bevölkerung seien schließlich "rein depressiv". Depressionen können ein Teil von Burnout sein.

Während im Stadium I die Überlastung von Betroffenen zumeist unerkannt bleibt, wird das im Stadium II zwar erkannt, aber mit einer völligen Zentrierung auf die Arbeit beantwortet. Aus Reizbarkeit wird ständige Gereiztheit, erklärt Michael Musalek, Ärztlicher Leiter des Anton Proksch Instituts. Das Hochfahren aller emotionalen und physischen Systeme führt zu Hypertonie und anderen körperlichen Symptomen, aber auch zu sozialer Isolation. Der Zusammenbruch der Überaktivierung im Stadium III bewirkt schließlich die völlige Erschöpfung, Arbeitsunfähigkeit und Depressionen.

"Das alles kann man nicht 'simulieren'. Da müssen Sie zehn Jahre lang zu viel arbeiten. Da müssen Sie ihre Beziehung zerstören. Es gibt kein Burnout zwischen 10 Uhr und 18 Uhr", betont Musalek und thematisiert damit, dass Betroffene immer wieder als "Simulanten" bezeichnet werden.

Arbeit ohne Ende

Die Zentrierung auf die Arbeitswelt kann auch zu einer Arbeitssucht führen, deren Konsequenz wiederum ein Burnout sein kann. "Jedes Suchtmittel ist großartig. Es hat eine große Attraktivität. Das gilt auch für solche Verhaltenssüchte. Wer die Arbeit nicht mag, ist nicht gefährdet", so Musalek. Problematisch werde es, wenn die Arbeit sprichwörtlich "kein Ende" mehr kenne. Oft seien überzogene Ansprüche an das Selbst der Ausgangspunkt. "Letztlich überfordern wir uns selbst", so der Experte.

Arbeitssucht unterscheidet sich in ihren Auswirkungen laut Musalek nicht von der Abhängigkeit von Substanzen wie Alkohol, Kokain, Heroin oder Medikamenten: Es kommt zu Craving, also dem starken Wunsch bzw. Zwang nach Konsum, Kontrollverlust als zentralem Merkmal, körperlicher und psychischer Abhängigkeit, Toleranzentwicklung und Entzugssyndromen beim "Absetzen" der Droge.

Im Endeffekt aber dürften sowohl Burnout als auch Arbeitssucht – wie andere Abhängigkeiten – in meisten Fällen nicht die Ursache, sondern die Folge anderer psychischer Störungen und Erkrankungen sein: von Depressionen, Angst- und Persönlichkeitsstörungen. Diese lassen offenbar erst die Problematik von Abhängigkeit aufkommen. (APA, 3.6.2019)