Eine Million Arten sind vom Aussterben bedroht – davor warnt der UN-Biodiversitätsrat IPBES in einem kürzlich veröffentlichten Bericht. Das könnte auch für die menschliche Spezies zum Verhängnis werden, sind wir doch auf viele "Services" der Natur – von Bestäubung von Pflanzen über sauberes Wasser bis fruchtbaren Boden – auf die sogenannten Ökosystemdienstleistungen angewiesen. Auch wenn die richtig großen Schritte wohl in der Politik passieren müssten, kann jeder im Alltag für mehr Biodiversität sorgen.

Wuchern lassen: Abschied vom biederen Vorgarten.
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Im Garten: Der Vielfalt beim Wachsen zusehen

Wem die Natur wichtig ist, der muss Natur zulassen – und sich von der Optik biederer Vorstadtgärten verabschieden. Einen kleinen Reisighaufen herumliegen lassen, ein paar Brennnesseln wachsen lassen – "dann kommt die Vielfalt von selbst", sagt Zoologe Zaller.

Auch Glyphosat ist im Heimgarten ein Thema. Der beliebte Unkrautvernichter Roundup des weniger beliebten Herstellers Monsanto, nunmehr Bayer, enthält das umstrittene Breitbandherbizid. Auf Spritzmittel sollte man aber sowieso verzichten und lieber manuell jäten – oder eben alles wuchern lassen. Auch Rasenmähen kann man auf drei- bis viermal pro Jahr beschränken, Blattläuse werden laut Zaller nach und nach von Marienkäfern "weggejausnet".

"Letztlich ist ein Naturgarten viel weniger Arbeit, und man kann sich an der Natur ergötzen", sagt Zaller. Und argwöhnische Blicke der Nachbarn mit Aufklärung erwidern.

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Palmölplantagen fressen sich oft in unberührten Regenwald und stehlen damit vielen Arten den Lebensraum.
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Ernährung: Biodiversität ist käuflich

Wer etwas auf Artenschutz hält, sollte möglichst biologisch, regional und saisonal einkaufen, sagt der Pestizid-Experte Johann Zaller. Im Biolandbau werde mehr mit Nützlingen statt mit Spritzmitteln gearbeitet, Brachen bieten ihnen einen Lebensraum. Am besten baut man sein Gemüse aber selbst an, meint Mitlacher vom WWF.

Das ist für viele wohl unmöglich bis utopisch. Um den Flächenverbrauch einzuschränken, kann man aber etwa auf Palmöl verzichten. Denn der Anbau von Ölpalmen schlägt bekanntlich Kerben in Regenwälder, wo viele ohnehin gefährdete Spezies leben. Eine nachhaltige Produktion ist nur schwer möglich. Seit einigen Jahren muss der Einsatz von Palmöl EU-weit auf der Verpackung angegeben werden. Für viele bekannte Markenprodukte gibt es palmölfreie Alternativen.

Beim Heimwerken und Hausbauen kann man auf nachhaltiges Holz setzen, den spritzmittelintensiven Anbau von Baumwolle durch faire Kleidung verhindern.

Und: Alles, was dem Klima guttut, nutzt in der Regel auch der Biodiversität.

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Angesichts überfischter Meere schadet es nichts, nach der Herkunft des Fischs zu fragen – und auf regionale Herkunft zu achten.
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Meere schützen: Wie man einen tollen Hecht findet

Das Artensterben endet nicht an der Küste. Ein Drittel aller Fischarten ist bereits überfischt, weitere 60 Prozent der Bestände sind maximal ausgereizt.

Die Plünderung der Meere ist auch eine Frage der Gerechtigkeit: "Die Meere sind die letzte große Nahrungsquelle, die nichts kostet", sagt Mitlacher vom WWF. Um Fische zu fangen, braucht man kein Land, kaum Gerät und wenig Zeit. Für etwa eine Milliarde Menschen, viele davon weniger gut situiert, ist Fisch die wichtigste tierische Proteinquelle.

Beim Fischkauf sollte man deshalb am besten auf regionale Fische zurückgreifen und auf Ökosiegel achten. Ob Fisch nachhaltig ist oder nicht, hängt aber unter anderem von Spezies, Fanggebiet und -methode ab. Um im Supermarkt nicht im Trüben zu fischen, führen die sehr umfangreichen Ratgeber von WWF und Greenpeace durch den Einkauf.

Auch im Sushi-Restaurant kann man ruhig einmal nach der Herkunft des servierten Fischs fragen. Und bei der Politik nach verbindlichen Fangquoten – diese bezeichnet Mitlacher als "probates Mittel" für mehr Biodiversität in den Weltmeeren.

Man kann es ihnen schwer übel nehmen: Der natürliche Jagdtrieb unserer Hauskatzen gefährdet manche Vogelbestände.
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Haustiere: Wenn Katzen zu Killern werden

Sie sind süß, sie sind flauschig, und sie sind kaltblütige Tötungsmaschinen: Die Rede ist von Katzen, den beliebtesten Haustieren der Österreicher.

Wie viele Vögel, Mäuse und Frösche Österreichs Katzen genau erliegen, ist unbekannt. Untersuchungen zur Größenordnung gibt es etwa aus der englischen Stadt Bristol. Dort töten Katzen jährlich bis zu 90 Prozent der jungen Vögel bestimmter Arten. Was also tun, um die Stubentiger zu bändigen? In Versuchen erlegten Katzen mit Glockenhalsband 50 Prozent weniger Vögel – allerdings könnte damit der Appetit auf die sonst eher von ihnen verschonten Amphibien größer werden.

Eine Alternative wäre, Katzen im Haus zu behalten oder nur in Gehege hinauszulassen. Oder einfach keine zu halten. Die Boku schlägt in einer Studie deshalb eine Registrierungspflicht samt Katzensteuer vor. (pp, 2.6.2019)