Hexentischlerei: Veronika Eberharts Videoinstallation "9 is 1 and 10 is none".

Filmstill, Courtesy die Künstlerin

In der Kunsthalle Wien stehen drei Regale. Hinter ihrer Glasfront liegen dutzende Elektrowerkzeuge in Fächern. Zunächst bleibt unklar, was es mit diesen Bohrern und Kreissägen auf sich hat, aber plötzlich setzen sich einige davon lautstark in Gang. Erschrocken tritt das Publikum zurück; die Maschinen bleiben indes eingesperrt und harmlos.

Die "durchdrehenden" Maschinen der Künstlerin Delphine Reist passen gut zum Titel der Ausstellung Hysterical Mining. Die Schau ist Teil der aktuellen Vienna Biennale und hinterfragt das Verhältnis von Geschlecht und Technologie. Dass dieses Thema massentauglich ist, bewies zuletzt der Hollywoodfilm Hidden Figures, der an afroamerikanische Mathematikerinnen bei der Nasa erinnerte.

Die Kuratorinnen Anne Faucheret und Vanessa Joan Müller fahren zu dem spannenden Stoff aber nur derart hermetische Kunst auf, dass leerlaufende Bohrmaschinen bereits den Gipfel der Verständlichkeit darstellen. Wie so oft in der Kunsthalle lösen die Arbeiten das Thema nicht ein.

Beipackzettel gefragt

Dabei fängt alles so vielversprechend an: Die in EU-Blau austapezierte Halle im Museumsquartier erzeugt eine kosmische Atmosphäre. Dazu passt die Videoinstallation Ultra Wet der Künstlerin Tabita Rezaire, die auf eine Pyramidenform projiziert wird. Die Bildsprache erinnert an digital aufgepimpte Musikclips und macht viel her, aber inhaltlich trieft das Video von Esoterik.

Rezaire lässt unterschiedliche Frauencharaktere ein Afrika vor dem Kolonialismus beschwören, wo etwa die Pyramiden als Energiequellen für Schamaninnen gedient haben sollen. Auch die Strömung des Afrofuturismus spielt hinein, die in den 1970er-Jahren Utopien einer schwarzen Science-Fiction entwarf.

Dunkle weibliche Kräfte beschwört auch die Videoinstallation von Veronika Eberhart. Die 1982 geborene Steirerin lässt Performerinnen in einer stillgelegten Tischlerei Verrenkungen aufführen – ein moderner Hexensabbat, sagt das Begleitheft. Dass die Textbilder von Miao Yings Serie Blind Spot Chinas Internetzensur aufgreifen, würde ohne Beipackzettel auch nicht klar.

Was sagt das aus?

Mit der US-Künstlerin Trisha Baga wird ein gefragter Millennial präsentiert. Die New Yorkerin steuert zur Schau Keramiken in Form eines Toasters oder eines Mikroskops, Ölfarben auf Wackelbildern und ein 3D-Video bei. Sympathisch versponnen, ja, aber was sagt das alles aus?

Unnötigerweise wurde die Schau auch noch auf die Kunsthalle am Karlsplatz ausgedehnt. Den meisten Platz beansprucht dort eine Sitzlandschaft mit (techno-)feministischer Literatur zu Cyberspace, künstlicher Intelligenz und Posthumanismus. Zwei Stunden dort zu verlesen dürfte mehr bringen als der Versuch, sich einen Reim auf diese vertane Chance einer Themenausstellung zu machen. (Nicole Scheyerer, 1. 6. 2019)