Anstehende Entscheidungen: Agrarreform mit Folgen für die Bauern, Paket zu EU-Topjobs, EU-Budgetrahmen bis 2017 – und vielleicht ein harter Brexit.

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Der künftige Außenamtschef Alexander Schallenberg.

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Als erster Minister der neuen Regierung muss nicht der künftige Außenamtschef mit Europaagenden, Alexander Schallenberg, nach Brüssel. Noch vor der Angelobung dürfen sich Vizekanzler Clemens Jabloner und der noch unbekannte Innenminister auf die erste Ratssitzung vorbereiten, den EU-Innen- und -Justizministerrat nächste Woche in Luxemburg.

Dort steht das Asyl- und Migrationspaket auf der Agenda, Fragen, wie viel Geld etwa die "Sicherheitsfonds" zur Polizeikooperation bekommen, und unter den Ländern verteilt werden, heißt es in der Ständigen Vertretung Österreichs in Brüssel. Welche Position werden sie also in Luxemburg beziehen?

Die Linie ihrer Vorgänger Herbert Kickl und Josef Moser fortsetzen? Besonders brisant: Die EU-Rückkehrrichtlinie steht an, was mit abgelehnten Asylwerbern geschehen soll. Das Beispiel zeigt, was für die Regierung von Kanzlerin Brigitte Bierlein generell gilt: keine Schonzeit. Das Kabinett muss sofort handlungsfähig sein, sich um ein politisches Backing im Nationalrat bemühen, damit es auf EU-Ebene an einigen wichtigen Weichenstellungen mitwirken kann.

Wichtige Entscheidungen

Man solle sich "keinen Illusionen hingeben, dass über den Sommer eh nichts Wichtiges passiert", heißt es in Verhandlerkreisen. Die Verhandlungen unter der Oberhoheit von Schallenberg zum EU-Budgetrahmen 2020/2027 gehen weiter. Da geht es darum, ob Österreich jährlich ein paar hundert Millionen mehr oder weniger in künftige Budgets einzahlen muss.

Nächstes Beispiel: Beim EU-Agrarrat im Juni wird der Landwirtschaftsminister um Österreichs Bergbauern kämpfen müssen. Denn die Reformvorschläge zur EU-Agrarpolitik (GAP) sehen empfindliche Einschnitte vor allem in der zweiten Säule vor, die die kleinräumige österreichische Landwirtschaft träfe.

Dringend ist eine Position der Regierung in Sachen EU-Personalpaket, also bei Topjobs in EU-Institutionen. Sie sollen beim EU-Gipfel am 20/21. Juni entschieden sein.

Neben dem neuen Kommissionspräsidenten werden 2019 auch Ratspräsident Donald Tusk und EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini ersetzt, letztere auch Vizepräsidentin der Kommission. Im Herbst wird EZB-Chef Mario Draghi abgelöst.

Mit der Auswahl dieses Personals werden die Pflöcke des künftigen "Regierungsprogramms" eingeschlagen, in Kooperation mit den Fraktionen im EU-Parlament, das sich im Juli konstituiert. In der EVP hatte sich Ex-Kanzler Sebastian Kurz für Manfred Weber starkgemacht. Vom nächsten Kommissionspräsidenten hängt auch ab, ob Österreich einen wichtigen Kommissarsposten zugeteilt bekommt oder nicht.

Mit einem gewissen Bangen schaut man in Brüssel dieser Tage nach London. Denn nach dem Rücktritt von Theresa May kann es gut sein, dass ihr Nachfolger als Premierminister sofort eine neue Brexit-Offensive startet, auf einen ungeordneten EU-Austritt der Briten drängt. "Man liegt nicht falsch, wenn das schon im August voll losgeht", sagt ein Diplomat. Das wäre mitten im Wahlkampf. (Thomas Mayer, 1.6.2019)