Für Moritz Eisner und Bibi Fellner ist es nicht ungewöhnlich, an übergeordneter Stelle anzuecken. Dass sie der Innenminister persönlich von einem Fall fernhalten möchte, spornt die beiden erst recht an: Sie überhören einfach die Anweisung ihres Chefs Ernst Rauter und fahren zum Haus des Politikers Raoul Ladurner, in dem sich ein Blutbad abgespielt hat. Für dessen Frau kommt jede Hilfe zu spät, die zehnjährige Tochter liegt schwer verletzt im künstlichen Koma. Ein Fall von Home-Invasion? Mitnichten, eher ein brutaler Fall von häuslicher Gewalt. Die Meinungen der Vorabkritiker? Ziemlich geteilt.

Und wie sehen Sie den "Tatort: Glück allein"?

"Opfer arg besonderer Umstände"

"Ja, manchmal geht es in Österreich schneller, als man denkt", schreibt Cornelius Pollmer auf sueddeutsche.de und spielt auf einen Satz des Polizeipräsidenten (Foto) an. "Ein bisschen leidet darunter diese Episode von Catalina Molina (Regie) und Uli Brée (Buch), sie wird zum Opfer arg besonderer Umstände, weil die Parallelen zwischen Fernsehfiktion und Video-Wirklichkeit der Strache-Affäre schon grotesk wirken. Ein bisschen weniger, als er leidet, profitiert der Film Glück allein aber auch vom jüngsten Blöken real schwarzer Schafe. Er steht gut in der Zeit, einen besseren Sendetermin hätte es für Oberstleutnant Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) nicht geben können, um ein Sachbuch aufzuschlagen, das tatsächlich diesen Titel trägt: 'Aufgedeckt – Korruption, das neue Normal?''"

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Welche Ironie!

"Eine Oligarchin aus dem ehemaligen Ostblock, ein rechtsstaatliche Standards aushebelnder Innenminister – auf den ersten Blick scheint der neue Wiener 'Tatort' der Film der Stunde zum Politchaos in Österreich nach dem Strache-Video zu sein. Doch welche Ironie: In seiner kunstbeflissenen Konstruktion wirkt der Krimi seltsam deplatziert vor der aktuellen Kulisse des sich mit fadenscheinigen Selbstinszenierungen und süffigen Selbstdemontagen zerlegenden österreichischen Parteienbetriebs", fasst Christian Buß auf spiegel.de zusammen.

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Schön auf dem Boden der Tatsachen bleiben

"Alles wirkt auf die Spitze getrieben und schwer nachvollziehbar. 'Glück allein', um den Filmtitel noch einmal ins Spiel zu bringen, hat man hier nur mit unseren beiden Ermittlern. Sie versuchen, schön auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben, und retten, was noch zu retten ist", kritisiert Arnold Hohmann von morgenpost.de.

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Zack, zack, zack!

"Hurtig, wie Bibi und Moritz nun mal sind, wollen sie zum Tatort. Aber Ernstl ('Manchmal geht es in Österreich eben schneller, als man denkt') pfeift sie zurück. Weisung aus dem Innenministerium. Man kennt das ja. Stattdessen soll Kommissarin Julia Soraperra (großartig stark und schwach zugleich: Gerti Drassl) den Fall aufklären. Aber so schnell lassen sich Bibi und Moritz nicht ausbooten. Und das ist gut so, denn ohne die beiden würde dieses Geflecht aus Politsumpf, Lügen, Abhängigkeiten (Drehbuch: Uli Brée, Regie: Catalina Molina) wohl nie aufgedeckt. Dieser Fall ist dunkel, düster und tut weh. Und lässt tief in seelische Abgründe blicken. Der Befreiungsschlag am Ende tut gut. Weil: Genug ist genug", schreibt Astrid Ebenführer auf derStandard.at. (red, 26.5.2019)

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