Lega-Chef Matteo Salvini (li.) findet die Idee, staatliche Schuldtitel in kleiner Stückelung herauszugeben, gut. Der parteifreie Finanzminister Giovanni Tria hält das Gegenteil für besser.

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Rom – Sollte es in naher Zukunft zu einem Ausscheiden Italiens aus der europäischen Einheitswährung kommen, dann kennt man inzwischen das genaue Datum, wann der erste Schritt dazu eingeleitet wurde: am 28. Mai 2019. An diesem Tag hat die italienische Abgeordnetenkammer einen Antrag verabschiedet, der es der Regierung erlaubt, die zweistelligen Milliardenschulden des italienischen Staates gegenüber den einheimischen Unternehmen unter anderem auch durch die Ausgabe von sogenannten Mini-Bots in kleiner Stückelung zu begleichen.

Bot ist die Abkürzung für Buono ordinario del tesoro: Staatsanleihen mit kurzer Laufzeit (maximal zwölf Monate), die normalerweise zur Erhöhung der kurzfristigen Liquidität des Staates dienen. Der Nennwert der bisherigen Bots lautet auf mindestens 1.000 Euro – und genau das ist der Haken der neuen Mini-Bots: Bei diesen läge der Nennwert bei 100 Euro oder noch tiefer. Experten warnen: Sind die neuen Mini-Bots erst einmal ausgegeben, könnten sie schnell als Zahlungsmittel verwendet werden – und so zu einer Art Parallelwährung werden.

Austritt in Trippelschritten

Genau das scheint auch das Ziel zu sein. Der geistige Vater der Mini-Bots ist der Ökonom, Lega-Abgeordnete und Präsident der Finanzkommission, Claudio Borghi. Der glühende Eurogegner und Salvini-Berater hatte schon vor zwei Jahren erklärt: "In dem Moment, in dem man entscheidet, aus dem Euro auszutreten, werden die Mini-Bots zum Bargeld der neuen Währung." Um den Euro-Exit zu erreichen, müsse man ihn nur "in einzelne Schritte zerlegen", betonte Borghi. Und das Beste an der Sache: Man könne diese einzelnen Schritte immer als harmlose und sinnvolle Einzelmaßnahme verkaufen – ohne das eigentliche Endziel offenzulegen.

Dem Antrag zur Ausgabe der Mini-Bots hatte in der allgemeinen Aufregung und Zerstreuung nach der Europawahl auch die Opposition zugestimmt. Die linken Parlamentarier hatten den Text wohl nicht richtig gelesen – und merkten erst am Wochenende, was für eine Zeitbombe sie damit scharfgemacht haben. Abgeordnete des sozialdemokratischen PD monieren nun, dass der Abschnitt zu den Mini-Bots in der ursprünglichen Fassung des Antrags nicht enthalten gewesen und in letzter Minute von der Lega hineingeschmuggelt worden sei.

Finanzminister Tria bremst

Mit aller Kraft auf die Bremse getreten ist am Wochenende auch der parteilose Finanzminister Giovanni Tria. "Es besteht nicht die geringste Notwendigkeit zur Ausgabe von neuen Anleihen in kleiner Stückelung, und es gibt im Ministerium auch keine Überlegungen in diese Richtung", betonte Tria. Und er kann auch nicht dazu gezwungen werden, Mini-Bots auszugeben: Das Instrument des parlamentarischen Antrags hat in Italien für die Regierung keine bindende Wirkung.

Dennoch sollte Borghis Coup mit den Mini-Bots nicht unterschätzt werden, denn die Idee, eine Parallelwährung einzuführen, passt nur allzu gut zum Konfrontationskurs, den Innenminister und Lega-Chef Salvini gegenüber der EU angekündigt hat: Italien werde sich nicht mehr an die Defizit- und Schuldengrenzen halten, da könnten die Bürokraten in Brüssel noch so viele "Brieflein" schicken. Führende Zeitungen wie der Corriere della Sera und die Repubblica unterstellten Salvini in ihren Sonntagsausgaben, den Euroaustritt als heimlichen Plan B zu verfolgen. Sollte das zutreffen, dann habe der Lega-Chef die Pflicht, "dem Parlament und dem italienischen Volk das offen zu sagen", schrieb die Repubblica. (Dominik Straub aus Rom, 3.6.2019)