Washington – Donald Trumps Schwiegersohn und Berater Jared Kushner hat Zweifel an der Fähigkeit der Palästinenser, sich selbst zu regieren. Es bestehe lediglich die Hoffnung, dass sie "mit der Zeit fähig werden können zu regieren", antwortete Kushner dem US-Nachrichtenportal "Axios" auf die Frage, ob er eine palästinensische Selbstverwaltung ohne israelischen Einfluss für möglich halte.

Nach Ansicht Kushners fehlen den Palästinensern die Voraussetzungen für eine eigene Regierung. Auf die Frage, ob die Palästinenser völlige Freiheit von Israels Regierung und Militär erwarten könnten, sagte er: "Ich denke, da liegt die Latte hoch." Die Palästinenser hätten "keine richtige Regierungsstruktur und angemessene Sicherheit", die Menschen lebten in "Angst und Schrecken".

"Axios" veröffentlichte die Mitschrift des Interviews mit Kushner am Sonntagabend. Das Gespräch war jedoch schon vor dessen Nahost-Reise vergangene Woche aufgezeichnet worden. Kushner hatte in Israel, Marokko und Jordanien Verbündete für seinen Plan zur Beilegung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern gesucht.

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Ein junger Palästinenser auf den Trümmern von Gaza.
Foto: REUTERS/Ibraheem Abu Mustafa

Die Palästinensergebiete seien derzeit auch nicht attraktiv für Investoren, sagte Kushner. Dafür seien ein gerechtes Justizwesen, Presse- und Meinungsfreiheit und religiöse Toleranz nötig. Trotzdem sollten die Palästinenser "Selbstbestimmung" haben", sagte Kushner weiter. Was genau er damit meinte, ließ er offen.

Skepsis überall

Kushner arbeitet an einem Nahost-Friedensplan, dessen Erfolgschancen US-Außenminister Mike Pompeo laut einem Zeitungsbericht allerdings skeptisch sieht. Bisher sind nur wenige Details bekannt. In dem Plan soll allerdings nicht von "zwei Staaten" die Rede sein, was bei Palästinensern scharfe Kritik hervorgerufen hatte. Im Nahost-Konflikt ist die Zwei-Staaten-Lösung, die einen eigenen Staat für die Palästinenser vorsieht, seit Jahrzehnten der zentrale Ansatz internationaler Vermittlungsbemühungen.

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Kushner (Mi.) zwischen Trump und Netanjahu.
Foto: REUTERS/Carlos Barria

Das Misstrauen der Palästinenser gegen ihn hält Kushner jedoch für unproblematisch: "Ich bin nicht hier, damit man mir vertraut." Die Menschen würden auf der Basis von "Fakten" seines Plans entscheiden: "Glauben sie, dass er ihnen erlauben wird, einen Weg zu einem besseren Leben zu haben, oder nicht?"

Neuwahlen verzögern Veröffentlichung

Kushner wollte seinen Plan ursprünglich nach der israelischen Parlamentswahl am 9. April veröffentlichen. Die nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen für den 17. September anberaumten Neuwahlen könnten die Veröffentlichung aber weiter verzögern.

"Er könnte abgelehnt werden", sagte US-Außenminister Mike Pompeo laut einem Bericht der "Washington Post" bei einem Treffen mit hochrangigen Vertretern der jüdischen Gemeinschaft in den USA. "Es könnte sein, dass die Leute letztlich sagen: 'Er ist nicht besonders originell, er ist nicht besonders gut für mich'." Die "Washington Post" beruft sich auf eine Tonaufnahme des Treffens. Pompeo sagte demnach, er könne nachvollziehen, dass einige der Ansicht seien, nur Israel könne über die US-Vorschläge glücklich sein. Er hoffe aber, jeder werde dem Plan eine Chance einräumen und "zuhören". (APA, 3.6.2019)