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Brexit-Fans fechten die Einmischung Trumps in britische Angelegenheiten nicht an.

Foto: REUTERS/Alkis Konstantinidis

In der politischen Debatte Großbritanniens ist seit Wochen viel von Demütigung die Rede, und immer geht es um den Brexit. Auf der politischen Linken werden dafür etwas diffus die konservative Regierungspartei und die scheidende Premierministerin Theresa May verantwortlich gemacht. Deren Sturheit und Handlungsunfähigkeit seien doch dem Land nicht angemessen, also irgendwie demütigend.

Auf der politischen Rechten besteht Klarheit über Opfer und Täter: Großbritannien werde von den Partnern für seinen Willen zum EU-Austritt bestraft durch einen einseitigen, von Brüsseler Bürokraten diktierten Unterwerfungsvertrag. Die vereinbarten Zahlungen in die Gemeinschaftskasse in Milliardenhöhe seien ungerechtfertigt, die Auffanglösung für Nordirland gefährde die Souveränität des Vereinigten Königreichs.

Das Narrativ war erfolgreich. Sture EU-Feinde brachten den Vertrag im Unterhaus so lange zu Fall, bis May aufgab. Und bei der Europawahl unterstützten immerhin mehr als fünf Millionen Briten die Brexit Party des notorischen Nationalpopulisten Nigel Farage, machten sich also dessen Forderung nach einem chaotischen Austritt ohne jede Vereinbarung (No Deal) zueigen. Alle Argumente, dass nach dem Crash sofort neue Verhandlungen beginnen müssten, dann aber von außerhalb des Clubs, verhallen ungehört. Hauptsache, die vermeintliche Demütigung und Souveränitätseinschränkung wird getilgt.

Verwunderliche Stille

Vor diesem Hintergrund darf man sich darüber wundern, warum keiner der Souveränitätsschreihälse eine eklatante Verletzung diplomatischer Gepflogenheiten anprangerte. Vor seinem Staatsbesuch bekräftigte US-Präsident Donald Trump im Gespräch mit Londoner Blättern seine Meinung: May hat schlecht verhandelt, No Deal wäre ganz toll, als britischer Verhandlungsführer wäre Farage, als nächster Premierminister Boris Johnson geeignet. Wenn man das vielstrapazierte Wort schon verwenden wollte – bei dieser Einmischung in die Politik eines befreundeten Landes war der Begriff Demütigung gewiss angemessen. Von Farage, von Johnson, von ihren Freunden in den Medien dazu aber kein Wort. Ein jämmerliches Bild.

Bei der Pressekonferenz am Dienstag könnte Premierministerin May zum ersten und letzten Mal in ihrer unglückseligen Amtszeit Format zeigen und dem unverschämten Besucher mit ein paar klaren Sätzen über die Grenzen transatlantischer Einmischung den Kopf waschen. Die Erfahrung lehrt: Es wird wohl nicht dazu kommen. Und wer das demütigend findet, für die Politikerin und ihr stolzes Land, hat nicht einmal unrecht. (Sebastian Borger, 3.6.2019)