Recht kurzes Glück: Manon (Nino Machaidze) und ihr Chevalier (Juan Diego Flórez).

Foto: Michael Pöhn

Wien – Eine Begegnung mit der Sopranistin Nino Machaidze weckt immer Erinnerungen an eine berühmte Kollegin, für die sie einst bei den Salzburger Festspielen einsprang. Statt Anna Netrebko war Machaidze 2008 in Roméo et Juliette zu hören. Größtmöglicher Rummel! Flugs wurde die junge Dame (Jahrgang 1983) präventiv zur zweiten Netrebko hochgelobt, was gehörigen Druck bedeutet haben dürfte. Jedenfalls wurde es nach Salzburg bald etwas stiller um die Georgierin, die an der Wiener Staatsoper nun bei Jules Massenets Manon quasi abermals in die Fußstapfen der Netrebko schlüpfte. Die Inszenierung von Regisseur Andrei Serban wurde seinerzeit von der Russin mit österreichischem Pass aus der Taufe gehoben.

Lieber oder Luxus

Was Nino Machaidze nun im Haus am Ring bot, lässt sie als sehr respektable Sängerin erscheinen, die den Abend mit Intensität adelt. Manons letztlich tragisches Changieren zwischen Liebe oder Luxus, das Darstellen einer in Maßen multiplen Persönlichkeit, welche sich von narzisstischer Selbstverherrlichung befreit, wird darstellerisch premierenwürdig genau gestaltet. Vokal verfügt Machaidze in der Höhe über Strahlkraft und Flexibilität, was auch dynamische Differenzierungskunst ermöglicht. Nur in den tieferen Lagen plagt ein eher herber Sound, der angesichts der glaubwürdigen Gesamterscheinung jedoch nicht ins Gewicht fällt.

Lyrik gesucht

Jenen Chevalier Des Grieux, den Manon als flatterhafte Schöne in die klösterliche Verzweiflung treibt, bringt Tenor Juan Diego Florez makellos und empfindsam über die Rampe. Der spezielle lyrische Tonfall der französischen Stilistik ist jedoch nicht gänzlich kompatibel mit Florez‘ positiv strahlendem Timbre, um welches herum das Staatsopernorchester unter Frédéric Chaslin solide auftrumpft. Auch die Stützen des Abends profitierten – also Adrian Eröd (Lescaut), Dan Paul Dumitrescu (Graf Des Grieux) und Clemens Unterreiner (Brétigny). (Ljubisa Tosic, 3.6.2019)